Bauplanungsrechtlicher Nachbarschutz gegen Containeraufstellung als Unterkunft für Asylbewerber

Bauplanungsrechtlicher Nachbarschutz gegen Containeraufstellung als Unterkunft für Asylbewerber – Asylbewerberunterkunft mit dem Baugebietstyp „Gewerbegebiet“ nicht gebietsverträglich (VG München · Urteil vom 3. Juni 2014 · Az. M 1 K 14.339)

Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines dem Beigeladenen erteilten Vorbescheids für eine Containeraufstellung als Unterkunft für Asylbewerber.

Der Kläger ist Eigentümer der Grundstücke FlNrn. 1565 und 1567 Gemarkung M…, die, ebenso wie das Grundstück FlNr. 1561, das im Eigentum der Stadt M… steht, im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. … „D…“ der Stadt M… liegen. Für diese Grundstücke, zwischen denen sich lediglich ein weiteres Grundstück (FlNr. 1563) befindet, ist im Bebauungsplan als Art der baulichen Nutzung einheitlich „Gewerbegebiet“ (GE) festgesetzt. Continue reading

Asylbewerberunterkünfte im Gewerbegebiet

Die Zahl der Asylsuchenden ist in Deutschland weiter erheblich angestiegen. Von den Zentralen Aufnahmestellen werden die Asylsuchenden im gesamten Bundesgebiet verteilt. Kaum eine Gemeinde, die auch in 2015 keine Asylsuchenden aufnahm oder bei der eine solche Aufnahme nicht bevorsteht. Dieser Zulauf an Asylbewerbern kommt zu einer Zeit, in der in den Ballungszentren ohnehin ein angespannter Wohnungsmarkt herrscht. Vor diesem Hintergrund wird es für die zuständigen Landkreise und Städte immer schwieriger, geeignete Unterkünfte für die Asylbewerber zur Verfügung zu stellen. Ist eine solche Unterkunft dann ausgemacht, sehen sich Landkreise oft mit Einwendungen von Anwohnern oder sogar der betroffenen Gemeinde konfrontiert. Zwar steht ein Großteil der Einwohner Asylbewerbern grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber. Sobald eine Asylbewerberunterkunft allerdings in unmittelbarer Nachbarschaft errichtet werden soll, kommt es oft zu Nutzungskonflikten und Gerichtsverfahren. Die Landkreise versuchen deshalb, wie auch schon in den neunziger Jahren, auf Unterkünfte in Gewerbegebieten auszuweichen. Dies führt allerdings regelmäßig zu Konflikten mit anliegenden Gewerbebetrieben. Continue reading

VGH Kassel: Anwohner müssen auch auf Gehwegen mit Erlaubnis zum Radfahren Schnee räumen

vorgestellt von Thomas Ax

Anwohner in Hessen müssen im Winter auch dann auf Gehwegen Schnee räumen, wenn diese von Radfahrern benutzt werden dürfen. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel hat nunmehr gegen ein Ehepaar entschieden, das gegen die nordhessische Stadt Frankenberg geklagt hatte (Urt. v. 04.05.2014, Az. 2 A 2350/12). Die Kommune hatte die Aufgabe der Räumpflicht auf das Ehepaar übertragen. Der betroffene Weg ist mit dem Zusatzzeichen „Radfahrer frei“ gekennzeichnet, zudem dürfen Radfahrer in der Einbahnstraße nicht die Fahrbahn benutzen. Der Senat war der Auffassung, dass es sich nicht um einen Sonderweg handele, auch wenn Radfahrer die Fläche nutzen müssten. Zudem sei es nicht unverhältnismäßig, wenn die Kommune diese Aufgabe auf die Anwohner übertrage. Selbst auf Gemeinsamen Geh- und Radwegen (Zeichen 240) richten sich Inhalt und Umfang der winterlichen Räum- und Streupflicht deshalb nach den Belangen der Fußgänger und nicht nach den Bedürfnissen der Radfahrer (siehe hierzu auch: OLG München, Beschluss vom 19. November 2012 – 1 U 3782/12 -, VersR 2013, 375; Wichmann, Straßenreinigung und Winterdienst in der kommunalen Praxis, 7. Auflage 2013, Rdnr. 102 und 187; Boelling/Birkl, Übertragung gemeindlicher Reinigungs-, Räum- und Streupflichten, a. a. O.; Bittner, Winterdienst zugunsten von Radfahrern, VersR 2004, 213). Diese Grundsätze gelten für einen für Radfahrer freigegebenen Gehweg (Zeichen 239 mit Zusatzzeichen 1022-10) gleichermaßen. Es macht nämlich keinen Unterschied, ob – wie bei einem Gemeinsamen Geh- und Radweg (Zeichen 240) – Radfahrer den Sonderweg nutzen müssen, ihnen also bei Erfüllung der Räum- und Streupflichten durch den Sicherungspflichten kein Ausweichen auf die für den Kraftfahrzeugverkehr bestimmte Fahrbahn gestattet ist, oder ob sie – wie im hier zu entscheidenden Fall – lediglich berechtigt sind, einen Gehweg (Zeichen 239) zu nutzen (vgl.: LG Düsseldorf, Urteil vom 6. Oktober 2009 – 2B O 212/08 -, VRR 2010, 106). Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass der Gehweg in der Straße „X…“ Teil des Hessischen Fernradwegenetzes ist und von Radfahrern in beiden Richtungen genutzt werden darf. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass Fahrradtouristen in den Wintermonaten nur in geringer Zahl unterwegs sind. Die übrigen Personen, die in den Sommermonaten oder auch sonst bei angenehmen Witterungsbedingungen längere Strecken mit dem Fahrrad zurücklegen, werden bei unwirtlichen Wetterverhältnissen verstärkt auf öffentliche Verkehrsmittel oder das eigene Kraftfahrzeug ausweichen. Diejenigen Personen, die nur kurze Strecken zu bewältigen haben, werden wegen der bei Schnee- und Eisglätte bestehenden besonderen Sturzgefahr, die sich auch bei ordnungsgemäßer Wahrnehmung der Räum- und Streupflicht durch den jeweils Sicherungspflichtigen nicht völlig ausschließen lässt, vielfach auf die Benutzung des Fahrrads gänzlich verzichten und zu Fuß gehen. Des Weiteren ist davon auszugehen, dass das Aufkommen von Radfahrern bei schlechtem Wetter ohnehin deutlich geringer ist, und Radfahrer, sofern nicht der Radweg, wohl aber die daneben oder in der Nähe verlaufende Fahrbahn geräumt und gestreut ist, diese Verkehrsfläche benutzen werden (vgl. hierzu: BGH, Urteil vom 9. Oktober 2003 – III ZR 8/03 -, a. a. O.). Die Berufung des Ehepaars wurde zurückgewiesen, Revision wurde nicht zugelassen. Die Räum- und Streupflicht auf Gehwegen können Kommunen auf die Anwohner übertragen, bei alleinigen Radwegen sind die Städte und Gemeinden in der Pflicht. Eine gesetzliche Regelung für kombinierte Geh- und Radwege oder – wie in diesem Fall – Gehwege mit Erlaubnis zum Radfahren, gibt es in Hessen bislang nicht. Wünschenswert wäre eine Klarstellung des Gesetzgebers. Eine solche gibt es bereits in Bayern und Rheinland-Pfalz. Continue reading

Zum Umfang der Verkehrssicherung bei einem Schlagloch auf einer öffentlichen Straße

OLG Hamm v. 08.01.2014
vorgestellt von Thomas Ax

OLG Hamm (Beschluss vom 08.01.2014 – 11 U 76/13): Eine Verkehrssicherungspflicht des Straßenbaulastträgers in Form einer Pflicht zur Beseitigung der Gefahr besteht bei einem Schlagloch in einer Straße regelmäßig erst dann, wenn bei einer verkehrswichtigen Straße ein Schlagloch eine Tiefe von mindestens 15cm aufweist. Das am Unfalltag an der X-Straße vorhandene Schlagloch rechtfertigt die Annahme einer Verkehrssicherungspflicht die Beklagte schon deshalb nicht, weil es nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme selbst am Tag des Schadensereignisses nicht eine derartige Tiefe gehabt hat, dass es sich bei ihm um eine abhilfebedürftige Gefahrenquelle gehandelt hätte, zu dessen Beseitigung die Beklagte nach §§ 9, 9 a, 47 StrWG NRW verpflichtet gewesen wäre. Denn während von Teilen der Rechtsprechung eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht bei Vorhandensein von Schlaglöchern bereits generell mit der Begründung verneint wird, dass es keinen Anspruch des Straßenbenutzers darauf gebe, dass sich die Straßen stets in einem glatten und einwandfreien Zustande befinden (so etwa: OLG Celle, OLGR 1995, 174; LG Lüneburg, SP 2006, 5; LG Rostock, MDR 2005, 396; OLG Rostock, MDR 2000, 638), vertritt der Senat im Übereinstimmung mit dem wohl überwiegenden Teil der Rechtsprechung die Auffassung, dass unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls eine Verkehrssicherungspflicht nur für auf verkehrswichtige Straßen gelegene Schlaglöcher mit einer Tiefe von mindestens 15 cm anzunehmen ist, weil erst bei Schlaglöchern solcher Tiefe, die bei einigen Fahrzeugen bereits zu einer Bodenberührung führen kann und deren Befahrbarkeit auch von einem umsichtigen Fahrer kaum mehr gewährleistet ist, nicht mehr davon ausgegangen werden kann, dass ein Autofahrer mit derartig gravierenden Unebenheiten rechnen und sich auf diese einstellen muss (vgl. OLG Jena, DAR 2003, 69: Absatz im Straßenbelag von 19 cm; OLG Dresden, DAR 1999, 122: 21 cm tiefe Bodenwelle in einer verkehrswichtigen Straße; OLG Naumburg, NJ 1997, 432: 20 cm tiefes Schlagloch in einer Kreisstraße; LG Dresden, DAR 2000, 480: 15-18 cm tiefes Schlagloch in einer Hauptverkehrsstraße im Innenstadtgebiet; LG Dresden, DAR 1994, 327: 15 cm tiefes Schlagloch innerorts in einer Umgehungsstraße; LG Chemnitz, DAR 1998, 144: 21 cm tiefe Fahrbahnrinne in verkehrswichtiger Durchgangsstraße; LG Augsburg, ZfS 1991, 404: 20 cm tiefer Frostaufbruch in innerstädtischer Straße mit hohem Verkehrsaufkommen; OLG Celle, Urteil vom 08.02.2007, 8 U 199/06 – Rz. 7 bei Juris: 20 cm tiefes Schlagloch auf wichtiger innerstädtischer Durchfahrtstraße; LG Meiningen, VersR 2007, 964: etwa 15 cm tiefes und ca. 80-100 cm durchmessendes Schlagloch). Lediglich für Autobahnen stellen bereits Schlaglöcher ab einer Tiefe von 10 cm eine von dem Verkehrssicherungspflichtigen zu beseitigende, abhilfebedürftige Gefahrenquelle dar (OLG Nürnberg, DAR 1996, 59: 10 cm tiefes Schlagloch auf Bundesautobahn; LG Halle, DAR 1999, 28: 12 cm tiefes Schlagloch auf Bundesautobahn). Vorliegend hat die Klägerin aber nicht beweisen können, dass das schadensverursachende Schlagloch zum Unfallzeitpunkt eine Tiefe von mindestens 15 cm gehabt hat.

Gründe: Continue reading

Pressemitteilung: Sturz auf regennassen Messingplatten in der Fußgängerzone (Sprottenplatten) – Haftung der Stadt Kiel

Pressemitteilungen
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 17.06.2014 – 11 U 167/13
Sturz auf regennassen Messingplatten in der Fußgängerzone (Sprottenplatten) – Haftung der Stadt Kiel

Die Stadt Kiel haftet für den Sturz einer Fußgängerin auf einer regennassen Messingplatte in der Kieler Holstenstraße, weil sie ihre Verkehrssicherungspflichten verletzt hat. Dies hat der für Amtshaftungssachen zuständige 11. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in einem vor kurzem veröffentlichten Urteil entschieden.

Zum Sachverhalt: Die damals 58 Jahre alte Dame rutschte Anfang Dezember 2011 in der Holstenstraße in Kiel auf einer sogenannten Sprottenplatte aus und brach sich den Wadenbeinknochen. Am Unfalltag herrschte leichter Nieselregen bei einer Luftfeuchtigkeit von 75%. Die Sprottenplatten in der Holstenstraße haben ein Sprottenrelief aus Messing. Auf ihnen ist der jeweilige Name eines Spenders aufgeführt, der die Umgestaltung der Kieler Fußgängerzone im Jahr 1988 durch einen finanziellen Beitrag ermöglicht hatte. Continue reading

Institutionelle Befangenheit in der gewerblichen Abfallsammlung

von Thomas Ax
Rechtsstreitigkeiten um gewerbliche Abfallsammlungen, vor allem von Altkleidern, sind recht verbreitet. Vor allem aus Nordrhein-Westfalen werden häufig Entscheidungen zu diesem Thema veröffentlicht. Ein gängiger Streitpunkt ist dabei ein möglicher Mangel an Neutralität bei der Behörde, die über Genehmigung oder Untersagung einer Sammlung zu entscheiden hat. Denn oft ist diese Behörde gleichzeitig selbst öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger (ÖRE), hat also selbst Abfall einzusammeln und könnte den gewerblichen Sammler als lästigen Konkurrenten ansehen. Gewerblich gesammelt wird ja regelmäßig nur solcher Abfall, der sich gewinnbringend verwerten lässt – und den würde der ÖRE ja vielleicht selbst gern bekommen. Man spricht hier auch von „institutioneller Befangenheit“. Wie solchen Interessenkonflikten zu begegnen ist, hatten schon viele Gerichte zu entscheiden, aber neu veröffentlicht ist eine Entscheidung des VG Düsseldorf (Urteil vom 08.04.2014 – 17 K 1580/13), das die Problematik gut beschreibt.

Am klarsten wäre die Trennung natürlich dann, wenn eine Behörde, die ÖRE ist, nicht gleichzeitig für Entscheidungen über gewerbliche Sammlungen zuständig sein dürfte. Darüber hat man bei der Schaffung des geltenden Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) auch nachgedacht – Gesetz ist die Regelung aber nicht geworden. Deshalb, so das VG Düsseldorf und viele andere Gerichte, die es zitiert, kann eine so vollständige Trennung der Zuständigkeiten auch nicht verlangt werden. Auch eine behördeninterne organisatorische und personelle Trennung ist ausreichend.

Wie muss diese Trennung aber aussehen? Wie es ganz bestimmt nicht geht, hat der beklagte Kreis zumindest zeitweise demonstriert: Da war nämlich eine Sachbearbeiterin gleichzeitig mit Anträgen auf gewerbliche Abfallsammlungen und mit Aufgaben des ÖRE befasst. Vielleicht wäre sie sogar dafür zuständig gewesen, für den ÖRE zu Anträgen Stellung zu nehmen, über die sie selbst zu entscheiden hatte. Jedenfalls hat sie unter anderem Gerichtsverfahren für den Kreis als ÖRE geführt. Continue reading

Pressemitteilung: Kommunale Pferdesteuer zulässig

Kommunale Pferdesteuer zulässig
Kassel, den 17. Dezember 2014
21/2014
Nach einem Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 8. Dezember 2014 ist die Satzung der Stadt Bad Sooden-Allendorf über die Erhebung einer Pferdesteuer rechtlich nicht zu beanstanden.

Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Bad Sooden-Allendorf hatte am 13. Dezember 2012 eine „Satzung über die Erhebung einer Pferdesteuer im Gebiet der Stadt Bad SoodenAllendorf“ beschlossen. Nach dieser Satzung beträgt die Steuer pro Pferd im Jahr 200,00 €. Gegen diese kommunale Steuersatzung haben ein eingetragener Verein und neun natürliche Personen am 25. September 2013 einen Normenkontrollantrag beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof mit dem Ziel gestellt, die Satzung für unwirksam zu erklären. Dieser Antrag wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs im schriftlichen Verfahren – ohne mündliche Verhandlung – abgelehnt.
Zur Begründung seiner ablehnenden Entscheidung führt der Hessische Verwaltungsgerichtshof im Wesentlichen aus, die Kommunen seien grundsätzlich berechtigt, eine sog. Aufwandsteuer zu erheben, mit denen – wie z. B. bei der Hundesteuer – die besondere Leistungsfähigkeit des Steuerschuldners, die darin zu erkennen ist, dass er fähig und bereit ist, einen besonderen Aufwand zu erbringen, mit einer Steuer zu belegen. Da sowohl das Halten als auch das Benutzen von Pferden einen Aufwand erforderten, der das für den gewöhnlichen allgemeinen Lebensbedarf Erforderliche überschreitet, dokumentierten Halter und Benutzer ihre besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die mit einer Steuer abgeschöpft werden dürfe. Die in der streitigen Satzung festgelegten Steuertatbestände belegten mit der Steuerlast auch jeweils diejenige natürliche Person, die einen zusätzlichen Aufwand für das Halten von Pferden bzw. für das entgeltliche Benutzen von Pferden zur Freizeitgestaltung erbrächten. Continue reading

BVerwG: Geflügelmastanlage – Erforderlichkeit von Vorsorge gegen Bioaerosol-Belastung der Nachbarschaft muss neu geprüft werden

Soll eine Anlage zur Hähnchenmast in der Nähe von Wohnbebauung errichtet werden, kann der Einbau einer Abluftbehandlungsanlage zur Vermeidung einer zusätzlichen Belastung der Nachbarschaft durch Bioaerosole auch dann geboten sein, wenn die Abluftbehandlung in der Geflügelhaltung aus wirtschaftlichen Gründen noch nicht dem Stand der Technik entspricht. Das hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 23. Juli 2015 (7 C 10.13 -) entschieden.
Der Landkreis Oldenburg hat dem Kläger eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von zwei Hähnchenmastställen mit insgesamt 84 900 Plätzen erteilt. Aus Gründen der Vorsorge hat er dem Kläger aufgegeben, eine Abluftbehandlungsanlage einzubauen, um auf einem 250 m entfernt liegenden Wohngrundstück eine Bioaerosol-Zusatzbelastung zu verhindern.
Das Verwaltungsgericht Oldenburg hat den Beklagten verpflichtet, dem Kläger die Genehmigung ohne die Anordnung zu erteilen. Es sei nicht geklärt, ob die Anlage überhaupt zu einer zusätzlichen Bioaerosol-Belastung des Wohngrundstücks führe. Unabhängig hiervon sei die Anordnung unverhältnismäßig. Abluftreinigungsanlagen entsprächen in der Geflügelhaltung noch nicht dem Stand der Technik. Der Beklagte habe auch nicht dargelegt, dass die Ställe mit der Abluftbehandlung wirtschaftlich betrieben werden könnten. Zudem sei der Verdacht, dass Bioaerosole aus gewerblichen Tierhaltungen die Gesundheit von Nachbarn gefährden könnten, mit erheblichen Unsicherheiten verbunden. Continue reading

VG Stuttgart: Flüchtlingsunterkünfte in Leonberg zulässig

Die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Stuttgart hat mit Beschluss vom 22.07.2015 (1 K 3348/15) die baurechtliche Zulässigkeit von Flüchtlingsunterkünften in Leonberg bestätigt und den Eilantrag dreier Nachbarn (Antragsteller) gegen die Errichtung von 24 Wohncontainern (und zwei Technikräume) zur Unterbringung von Flüchtlingen und Obdachlosen in Leonberg abgelehnt.
Die Stadt Leonberg erteilte am 09.02.2015 die Baugenehmigung zum Bau der Wohncontainer, die auf im Eigentum der Stadt befindlichen Grundstücken in Leonberg errichtet werden sollen. Die Grundstücke der Antragsteller sind hiervon ungefähr 40-50 Meter entfernt und lediglich durch eine dazwischen verlaufende Straße sowie durch einen Kreisverkehr getrennt. Sie liegen innerhalb des Bebauungsplans „Gebersheimer Straße / Lohlenbachtäle“ vom 21.04.1989 am Rand des dort festgesetzten allgemeinen Wohngebietes. Das Areal, auf dem die Obdachlosen- und Flüchtlingsunterkunft errichtet werden soll, ist im geltenden Flächennutzungsplan „Leonberg 2020“ als Außenbereich und als Fläche für die Landwirtschaft dargestellt. Das Areal liegt ferner gemäß der Hochwassergefahrenkarte innerhalb des HQ-Extrem-Bereichs, d.h. innerhalb eines Bereiches, in dem es nur extrem selten zu Hochwasser kommt.
Die Antragsteller machen mit ihrem gegen die Verwirklichung des Bauvorhabens am 06.07.2015 beim Verwaltungsgericht gestellten Eilantrag vor allem geltend, dass sich im Fall eines Hochwassers die Überschwemmungsgefahr für ihre Grundstücke massiv erhöhen werde. Durch die vorgesehene Bebauung mit den Wohncontainern werde ein Abflusshindernis entstehen, welches den verbindlich festgelegten Zielen des Flächennutzungsplans und denjenigen des Hochwasserschutzes zuwiderlaufe. Auch verstoße das Bauvorhaben zulasten der künftigen Bewohner gegen immissionsschutzrechtliche Vorschriften.
Continue reading

VG Karlsruhe: Sperrzeitverlängerung für Außenbewirtschaftungsbereich eines Altstadtrestaurants in Heidelberg voraussichtlich rechtmäßig

Die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Karlsruhe hat mit Beschluss vom 14.07.2015 (7 K 1459/15) den Antrag einer in der Heidelberger Altstadt tätigen Restaurantbetreiberin abgelehnt, ihr gegen eine Sperrzeitverlängerungsverfügung der Stadt Heidelberg vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren.
Das Restaurant wird bereits seit Anfang der 1980er Jahre im Geltungsbereich des Bebauungsplans Heidelberg-Altstadt (Bereich Herrenmühle) mit Außenbewirtschaftung in einem auf drei Seiten baulich begrenzten Innenhof betrieben. Der Bebauungsplan setzt dort ein allgemeines Wohngebiet fest. Seit Mai 2009 verfügt die derzeitige Betreiberin und Antragstellerin des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens über eine gaststättenrechtliche Erlaubnis, die zum Schutz der Nachbarschaft zwar keine Beschränkungen der Betriebszeit vorsieht, den Beginn der Sperrzeit für die Außenbewirtschaftung aber auf 23:00 Uhr festsetzt. Nachdem es in der Folgezeit zu verschiedenen Nachbarbeschwerden wegen des von der Außenbewirtschaftung ausgehenden Lärm gekommen war und die Antragstellerin hierzu Lärmgutachten eingeholt und vorgelegt hatte, setzte die Stadt Heidelberg den Beginn der Sperrzeit für die Außenbewirtschaftung mit Verfügung vom 31.07.2014 auf nunmehr täglich 22:00 Uhr fest. Zur Begründung heißt es, die Beibehaltung des Sperrzeitbeginns erst ab 23:00 Uhr führe zu unzumutbaren Lärmbelästigungen für die betreffenden Anwohner. Dies ergebe sich aus den Ergebnissen der simulierten Geräuschmessung vom 12.03.2014, wonach der für die Nachtzeit (22:00 Uhr bis 6:00 Uhr) im allgemeinen Wohngebiet geltende Immissionsrichtwert der TA Lärm (40 dB(A)) nicht eingehalten werde. Die ergänzende gutachterliche Stellungnahme vom 14.07.2014, welche darlege, dass bei einer Belegung der Außenbewirtschaftung mit maximal 5 Gästen der Immissionsrichtwert für die Tagzeit (55 dB(A)) eingehalten worden sei, lasse nicht den Schluss zu, dass die einschlägigen Immissionsrichtwerte bei Ausschöpfung aller zugelassenen 30 Außenbereichssitzplätze eingehalten werden könnten.
Continue reading