OLG Hamm v. 08.01.2014
vorgestellt von Thomas Ax
OLG Hamm (Beschluss vom 08.01.2014 – 11 U 76/13): Eine Verkehrssicherungspflicht des Straßenbaulastträgers in Form einer Pflicht zur Beseitigung der Gefahr besteht bei einem Schlagloch in einer Straße regelmäßig erst dann, wenn bei einer verkehrswichtigen Straße ein Schlagloch eine Tiefe von mindestens 15cm aufweist. Das am Unfalltag an der X-Straße vorhandene Schlagloch rechtfertigt die Annahme einer Verkehrssicherungspflicht die Beklagte schon deshalb nicht, weil es nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme selbst am Tag des Schadensereignisses nicht eine derartige Tiefe gehabt hat, dass es sich bei ihm um eine abhilfebedürftige Gefahrenquelle gehandelt hätte, zu dessen Beseitigung die Beklagte nach §§ 9, 9 a, 47 StrWG NRW verpflichtet gewesen wäre. Denn während von Teilen der Rechtsprechung eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht bei Vorhandensein von Schlaglöchern bereits generell mit der Begründung verneint wird, dass es keinen Anspruch des Straßenbenutzers darauf gebe, dass sich die Straßen stets in einem glatten und einwandfreien Zustande befinden (so etwa: OLG Celle, OLGR 1995, 174; LG Lüneburg, SP 2006, 5; LG Rostock, MDR 2005, 396; OLG Rostock, MDR 2000, 638), vertritt der Senat im Übereinstimmung mit dem wohl überwiegenden Teil der Rechtsprechung die Auffassung, dass unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls eine Verkehrssicherungspflicht nur für auf verkehrswichtige Straßen gelegene Schlaglöcher mit einer Tiefe von mindestens 15 cm anzunehmen ist, weil erst bei Schlaglöchern solcher Tiefe, die bei einigen Fahrzeugen bereits zu einer Bodenberührung führen kann und deren Befahrbarkeit auch von einem umsichtigen Fahrer kaum mehr gewährleistet ist, nicht mehr davon ausgegangen werden kann, dass ein Autofahrer mit derartig gravierenden Unebenheiten rechnen und sich auf diese einstellen muss (vgl. OLG Jena, DAR 2003, 69: Absatz im Straßenbelag von 19 cm; OLG Dresden, DAR 1999, 122: 21 cm tiefe Bodenwelle in einer verkehrswichtigen Straße; OLG Naumburg, NJ 1997, 432: 20 cm tiefes Schlagloch in einer Kreisstraße; LG Dresden, DAR 2000, 480: 15-18 cm tiefes Schlagloch in einer Hauptverkehrsstraße im Innenstadtgebiet; LG Dresden, DAR 1994, 327: 15 cm tiefes Schlagloch innerorts in einer Umgehungsstraße; LG Chemnitz, DAR 1998, 144: 21 cm tiefe Fahrbahnrinne in verkehrswichtiger Durchgangsstraße; LG Augsburg, ZfS 1991, 404: 20 cm tiefer Frostaufbruch in innerstädtischer Straße mit hohem Verkehrsaufkommen; OLG Celle, Urteil vom 08.02.2007, 8 U 199/06 – Rz. 7 bei Juris: 20 cm tiefes Schlagloch auf wichtiger innerstädtischer Durchfahrtstraße; LG Meiningen, VersR 2007, 964: etwa 15 cm tiefes und ca. 80-100 cm durchmessendes Schlagloch). Lediglich für Autobahnen stellen bereits Schlaglöcher ab einer Tiefe von 10 cm eine von dem Verkehrssicherungspflichtigen zu beseitigende, abhilfebedürftige Gefahrenquelle dar (OLG Nürnberg, DAR 1996, 59: 10 cm tiefes Schlagloch auf Bundesautobahn; LG Halle, DAR 1999, 28: 12 cm tiefes Schlagloch auf Bundesautobahn). Vorliegend hat die Klägerin aber nicht beweisen können, dass das schadensverursachende Schlagloch zum Unfallzeitpunkt eine Tiefe von mindestens 15 cm gehabt hat.
Gründe: Continue reading →