Kanalreinigung, Kanaluntersuchung und -dokumentation sind keine Bauarbeiten.
VK Westfalen, Beschluss vom 05.08.2015 – VK 2-16/15
Ein Vertrag über Kanalreinigung, Kanaluntersuchung und -dokumentation ist als Dienstleistungsauftrag zu qualifizieren und dementsprechend nach den Vorschriften VOL/A 2009 und nicht nach VOB/A 2012 auszuschreiben.
Wann ist der zukünftige Mieter als Auftraggeber eines Bauauftrags anzusehen?
OLG Jena, Beschluss vom 07.10.2015 – 2 Verg 3/15
- Ein von den Vertragsparteien offiziell als „Mietvertrag“ bezeichneter Vertrag als öffentlicher Bauauftrag zu qualifizieren, wenn das vorrangige Ziel des Vertrags der Bau der Immobilie ist.
- Weist ein Vertrag zugleich Elemente eines öffentlichen Bauauftrags und Elemente eines Auftrags anderer Art auf, bestimmt sich nach dem Hauptgegenstand des Vertrags, welche vergaberechtlichen Vorschriften anwendbar sind.
- Hält sich der Einfluss des Mieters auf die Ausgestaltung der Mietsache noch im Rahmen dessen, was einem solventen Mieter in der Planungsphase eingeräumt wird und die anderweitige Nutzung des Objekts für die Vermietung von Büroräumen nach Auslaufen des Mietvertrags nicht erschwert, liegt kein öffentlicher Bauauftrag vor.
Preisanpassung ist kein Neuabschluss.
VK Westfalen, Beschluss vom 26.08.2015 – VK 2-23/15
- Das Vergaberecht fordert keineswegs die Auflösung von Altverträgen, selbst wenn sie unbefristete Dauerschuldverhältnisse sind, die sich auch durch die Unterlassung einer Kündigung ständig verlängern können.
- Die Preisanpassung im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses eine über Preisanpassungsklausel gilt nicht als Neuabschluss des Vertrags.
Spezialentwicklung rechtfertigt Gesamtvergabe.
VK Bund, Beschluss vom 07.12.2015 – VK 2-105/15
- Für die Frage, ob eine Leistung einer Aufteilung in Fachlose zugänglich ist und diese möglicherweise aus Rechtsgründen auch geboten sein könnte, ist als Kriterium heranzuziehen, ob sich ein eigener Markt für die jeweiligen Einzelleistungen gebildet hat. Dabei spricht vieles dafür, dass der Bau von Verfahranlagen und Hangartore eigene Märkte darstellen.
- Gibt es für die erstmalige Errichtung von Verfahranlagen und Hangartore eigene Märkte, ist davon auszugehen, dass es auch für die dem Bau nachgelagerten Dienstleistungen der Grundinstandsetzung eigenständige Märkte gibt.
- Sind die Steuerung von Verfahranlage und Hangartor in einer einzigartigen Spezialentwicklung miteinander verknüpft, um die Bewegungsabläufe der beiden Elemente zur Herstellung größtmöglicher Sicherheit direkt miteinander zu verbinden, kann trotz Vorliegens zweier Märkte von einer Losbildung abgesehen werden.
- Die unionsweite Ex-post-Bekanntmachung über einen vergebenen Auftrag setzt die 30-Tages-Frist des § 101b Abs. 2 Satz 2 GWB nur dann in Gang, wenn der Auftraggeber in der Bekanntmachung auf den Lauf dieser Frist hingewiesen hat.
Wie wird man Bestbieter? Punktevergabe muss transparent sein.
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.12.2015 – Verg 25/15
- Die Bieter müssen erkennen können, unter welchen konkreten Voraussetzungen ein Wertungskriterium als nicht den Anforderungen genügend (null Punkte), als mit Einschränkungen den Anforderungen genügend (ein Punkt) oder als den Anforderungen besonders dienlich (drei Punkte) gewertet wird.
- Ein Bewertungsmaßstab, der es in Verbindung mit den aufgestellten Unterkriterien nicht zulässt, im Vorhinein zu bestimmen, welchen Erfüllungsgrad (Zielerreichungsgrad) die Angebote aufweisen müssen, um mit den festgelegten Punktwerten bewertet zu werden, ist intransparent.
Wer sich beim Zocken erwischen lässt, wird ausgeschlossen.
OLG München, Beschluss vom 03.12.2015 – Verg 9/15
Verteilt der Bieter entgegen dem Leistungsverzeichnis Kosten, die in einer bestimmten Position anzugeben waren, auf andere Positionen des Leistungsverzeichnisses und hat diese Abänderungen Einfluss auf den Angebotspreis, ist das Angebot zwingend aus dem Vergabeverfahren auszuschließen.
Kein Ausschluss auf Grundlage nicht geforderter Unterlagen.
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27.04.2015 – 3 VK LSA 12/15
Der öffentliche Auftraggeber ist dazu verpflichtet, die Angebote auf Vollständigkeit zu prüfen. Dazu gehört auch die Prüfung, ob geforderte Erklärungen oder Nachweise fehlen. Als abgefordert gelten Erklärungen und Nachweise jedoch nur dann, wenn dies in den Vergabeunterlagen oder in der Bekanntmachung deutlich zum Ausdruck gebracht worden ist.
Kein Ausschluss auf der Grundlage intransparenter Vorgaben.
VK Bund, Beschluss vom 08.01.2016 – VK 2-127/15
- Auch im Anwendungsbereich der SektVO führt eine Abweichung von den Vergabeunterlagen grundsätzlich zum Ausschluss des Angebots.
- Mit der strikten Rechtsfolge des Angebotsausschlusses korrespondiert allerdings die Verpflichtung des öffentlichen Auftraggebers, die Vergabeunterlagen so klar und eindeutig zu formulieren, dass die Bieter diesen zweifelsfrei entnehmen können, welchen Anforderungen sie genügen müssen.
Doppelwand- statt Vollwandrohr angeboten: Angebot ist auszuschließen.
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 11.05.2015 – 3 VK LSA 13/15
Das Angebot der Antragstellerin entsprach nicht den Anforderungen des Leistungsverzeichnisses. Da die Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin eine Leistung angeboten hat, die nicht der nach den Vergabeunterlagen geforderten Leistung entspricht, stellt dies eine Änderung der Vergabeunterlagen dar, die zwingend den Ausschluss des Angebotes zur Folge hat.
Zeitgleicher Rückbau gefordert, sukzessiver Rückbau angeboten: Angebot ist auszuschließen.
VK Westfalen, Beschluss vom 20.10.2015 – VK 2-26/15
Fordert der öffentliche Auftraggeber in seiner Baubeschreibung, dass die für den Rückbau eingesetzten Kolonnen zeitgleich in allen vier Rückbaubereichen starten, sieht der mit dem Angebot vorgelegte Rahmenterminplan des Bieters mit den Erläuterungen zum Kolonneneinsatz aber davon abweichend einen sukzessiven Rückbau vor, ist das Angebot gemäß § 16 EG Abs. 1 Nr. 1 b) VOB/A 2012 wegen Änderung der Vergabeunterlagen gemäß § 13 EG Abs. 1 Nr. 5 VOB/A 2012 vom Vergabeverfahren auszuschließen.
Fehlende Angaben im VOF-Verfahren kann der Auftraggeber nachfordern.
KG, Beschluss vom 04.12.2015 – Verg 8/15
- Eine Nachforderung nach § 5 Abs. 3 VOF und § 11 Abs. 3 VOF kommt nur für solche Erklärungen in Betracht, die dem Nachweis der Eignung dienen bzw. im Rahmen der Angebotsphase von Bedeutung sind.
- Voraussetzung einer Nachforderung nach § 5 Abs. 3 und § 11 Abs. 3 VOF ist, dass die fragliche Erklärung fehlt, weshalb inhaltlich unzureichende Erklärungen nicht nachgefordert werden dürfen.
- Nach § 5 Abs. 3 VOF und § 11 Abs. 3 VOF steht die Nachforderung fehlender Erklärungen im Ermessen der Vergabestelle.
- Der Antrag nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB kann auch noch nach Erlöschen der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde gestellt werden.
Nachforderte Erklärungen nicht fristgerecht vorgelegt: Was nun?
OLG Celle, Beschluss vom 14.12.2015 – 13 Verg 9/15
- Zur Auslegung von Angebotserklärungen, insbesondere betreffend den vorgesehenen Einsatz von Nachunternehmern.
- Zur Rechtsfolge, wenn nach Angebotsabgabe angeforderte Erklärungen nicht fristgerecht vorgelegt werden.
Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit: Forderung nach Herstellerbescheinigung und Eigenerklärung zulässig?
OLG Frankfurt, Beschluss vom 18.09.2015 – 11 Verg 9/15
Zu den Voraussetzungen, unter denen ein Auftraggeber zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeiten neben der Eigenerklärung des Bieters noch eine Herstellerbescheinigung verlangen darf.
Preisermittlungsblätter nicht ausgefüllt: Fehlende Angaben sind nachzufordern.
OLG Saarbrücken, Beschluss vom 16.12.2015 – 1 U 87/15
Sind einem Angebot nicht ausgefüllte Preisermittlungsblätter 221 und 222 des Vergabehandbuchs des Bundes beigefügt, fehlen grundsätzlich geforderte Erklärungen, so dass diese gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A 2012 nachzufordern sind.
Nachunternehmer sind – auf Anforderung – namentlich zu benennen.
VK Nordbayern, Beschluss vom 09.12.2015 – 21.VK-3194-41/15
- Gemäß § 15 EG Abs. 1 Nr. 1 VOB/A 2012 kann die Vergabestelle (VSt) nach Öffnung der Angebote von den Bietern Aufklärung verlangen, um sich über deren Eignung zu unterrichten. Will der Bieter an der Ausführung der Bauleistung Nachunternehmer beteiligen, so hat die VSt im Rahmen der Eignungsprüfung insbesondere ein erhebliches Interesse daran, zu wissen, welche Unternehmen tatsächlich zum Einsatz gelangen. Die VSt kann daher nach Öffnung der Angebote von den Bietern gesondert verlangen, dass diese die Nachunternehmer benennen und entsprechende Verpflichtungserklärungen dieser Unternehmen vorlegen.
- Verweigert ein Bieter die geforderten Aufklärungen und Angaben innerhalb der ihm gesetzten Frist, so kann sein Angebot nach § 15 EG Abs. 2 VOB/A 2012 unberücksichtigt bleiben. Hierbei stehen unbrauchbare Angaben einer Aufklärungsverweigerung gleich. Da die VSt aufgrund des Transparenz- und Gleichheitsgrundsatzes auch nicht mehr im Nachhinein auf die von den Bietern der engeren Wahl im Rahmen der Aufklärung gleichermaßen geforderten Verpflichtungserklärungen verzichten kann, ist ihr Ermessen insoweit gebunden. Ein Ausschluss hat mithin zwingend zu erfolgen.
- Im Rahmen der Aufklärung nach § 15 EG VOB/A 2012 darf eine Ergänzung unvollständiger und widersprechender Erklärungen nicht erfolgen. Eine Aufklärung darf nicht zu einer Ergänzung des in sich unvollständigen und daher unklaren Angebotes führen.
Fehler der Vergabestelle sind kein Grund für eine Aufhebung der Ausschreibung.
VK Nordbayern, Beschluss vom 29.10.2015 – 21.VK-3194-34/15
- Nach der Rechtsprechung des BGH müssen Bieter die Aufhebung des Vergabeverfahrens, von engen Ausnahmen abgesehen, nicht nur dann hinnehmen, wenn sie von einem der in den einschlägigen Bestimmungen der Vergabeordnungen (hier § 17 EG Abs. 1 VOB/A 2012) aufgeführten Gründe gedeckt und deshalb von vornherein rechtmäßig ist, sondern auch, wenn kein solcher anerkannter Aufhebungsgrund vorliegt. Aus § 17 EG Abs. 1 VOB/A 2012 folgt nicht im Gegenschluss, dass ein öffentlicher Auftraggeber gezwungen wäre, ein Vergabeverfahren mit der Zuschlagserteilung abzuschließen, wenn keiner der zur Aufhebung berechtigenden Tatbestände erfüllt ist. Vielmehr bleibt es der Vergabestelle grundsätzlich unbenommen, von einem Beschaffungsvorhaben auch dann Abstand zu nehmen, wenn dafür kein in den Vergabeordnungen anerkannter Aufhebungsgrund vorliegt.
- Im Falle einer nicht unter die einschlägigen Tatbestände fallenden Aufhebung oder Zurückversetzung kann der Bieter die Fortsetzung des Vergabeverfahrens nur verlangen, wenn die Aufhebung oder Zurückversetzung ohne erkennbaren sachlichen Grund erfolgte und deshalb willkürlich erscheint.
- Die Aufhebung oder Zurückversetzung ist für den Auftraggeber nur dann ohne Konsequenzen möglich und vom Bieter entschädigungslos hinzunehmen, wenn ein Sachgrund nach § 17 EG Abs. 1 VOB/A 2012 vorliegt.
- Ein zur Aufhebung der Ausschreibung anlassgebendes Fehlverhalten der VSt kann nach der Rechtsprechung des BGH schon deshalb nicht als schwerwiegender Grund im Sinne des § 17 EG Abs. 1 VOB/A 2012 genügen, weil es die VSt andernfalls in der Hand hätte, nach freier Entscheidung durch Verstöße gegen das Vergaberecht den bei der Vergabe öffentlicher Aufträge bestehenden Bindungen zu entgehen. Dies ist nach Auffassung des BGH mit dem Sinn und Zweck des Vergabeverfahrens nicht vereinbar, sodass berücksichtigungsfähig nur solche Mängel sind, die die Durchführung des Verfahrens und die Vergabe des Auftrags selbst ausschließen. Entsprechendes muss bei einer Zurückversetzung des Vergabeverfahrens gelten.
Anforderungen an Referenzen unklar: Aufhebung der Ausschreibung.
VK Bund, Beschluss vom 22.01.2016 – VK 2-131/15
- Der Erklärungswert von Vergabeunterlagen ist anhand der für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätzen, d. h. §§ 133, 157 BGB zu ermitteln.
- Geht aus der Bekanntmachung nicht eindeutig hervor, welchen Anforderungen die Referenzen genügen mussten, um „vergleichbar“ zu sein, liegt ein Verstoß gegen das Transparenzgebot vor mit der Folge, dass das Vergabeverfahren – bei fortbestehender Beschaffungsabsicht – in den Stand vor der Bekanntmachung zurückzuversetzen und zu wiederholen ist.
Eignungsnachweise nur unzureichend bekannt gemacht: Aufhebung zulässig.
OLG Brandenburg, Beschluss vom 12.01.2016 – Verg W 4/15
- Die Bieter haben einen Anspruch darauf, dass der Auftraggeber die Bestimmungen über das Vergabeverfahren einhält, nicht aber darauf, dass er den Auftrag auch erteilt und demgemäß die Vergabestelle das Vergabeverfahren mit der Erteilung des Zuschlags abschließt.
- Während eine rechtmäßige Aufhebung zur Folge hat, dass keine Schadensersatzansprüche wegen eines fehlerhaften Vergabeverfahrens bestehen, kann das Fehlen eines Aufhebungsgrundes zu einem Anspruch auf Schadensersatz führen, der regelmäßig auf das negative Interesse beschränkt ist.
- Stellt ein öffentlicher Auftraggeber vor Zuschlagserteilung einen erheblichen Fehler in den Ausschreibungsunterlagen fest, ist er zu einer Fehlerkorrektur berechtigt, was auch die Aufhebung des Vergabeverfahrens beinhalten kann. Die bereits erfolgte Submission schließt eine solche Fehlerkorrektur nicht aus.
- Die unzureichende Bekanntmachung der geforderten Eignungsnachweise stellt einen sachlichen Grund für eine Aufhebung dar.
Was ist der Unterschied zwischen Kalkulationstabellen und Kalkulationsvorgaben?
VK Westfalen, Beschluss vom 27.10.2015 – VK 1-28/15
- Kalkulationstabellen und Kalkulationsvorgaben sind strikt voneinander zu trennen. Kalkulationstabellen, in denen die Bieter ihre „Stundenverrechnungssätze“ eintragen, sind grundsätzlich keine Vorgaben für die Bieter, ganz bestimmte Kalkulationen vorzunehmen. Eine Kalkulationsvorgabe liegt erst dann vor, wenn der öffentliche Auftraggeber den Bietern die Höhe der Preise vorschreibt und die Faktoren zur Ermittlung der Preise festlegt.
- Ob ein öffentlicher Auftraggeber eine solche Kalkulationsvorgabe machen darf oder ob die Vergabeordnungen – da nicht geregelt – dies nicht zulassen, lässt die Kammer dahingestellt. Denn vorliegend ergab sich die Kalkulationsvorgabe „Tariflohn“ unmittelbar aus einem Gesetz, und zwar aus § 4 Abs. 1 TVgG-NRW.
Auftraggeber darf Wertungsfehler auch nach bereits abgeschlossener Wertung korrigieren.
VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 24.07.2015 – VK-SH 7/15
- Bei der Wertung der Angebote steht dem öffentlichen Auftraggeber grundsätzlich ein weiter Beurteilungs- und Ermessensspielraum zu. Diesen Beurteilungs- und Ermessensspielraum überschreitet ein Auftraggeber aber dann, wenn er bei der Angebotswertung nicht das vorgeschriebene Verfahren eingehalten hat.
- Erkennt der Auftraggeber anlässlich einer Rüge seinen Wertungsfehler, ist er auch nach bereits abgeschlossener Wertung dazu berechtigt, nochmals in die Wertung einzutreten und seinen Fehler zu korrigieren.
- Die 15-Tage-Frist des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB beginnt nur dann zu laufen, wenn die Vergabebekanntmachung genaue Hinweise, in Bezug auf die Fristen für die Einlegung von Rechtsbehelfen bzw. gegebenenfalls Name, Anschrift, Telefonnummer, Faxnummer und E-Mail-Adresse des Dienstes, bei dem diese Auskünfte eingeholt werden können, enthält.
Rüge mit Angebot im verschlossenen Umschlag abgegeben: Nachprüfungsantrag unzulässig.
VK Westfalen, Beschluss vom 27.10.2015 – VK 1-29/15
Beanstandungen an den Vergabeunterlagen, die zeitgleich mit dem Angebot im verschlossenen Umschlag abgegeben werden, sind gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB präkludiert, soweit es sich um Rügen handelte.
Bieter muss nur das EU-Amtsblatt durchsehen.
VK Thüringen, Beschluss vom 21.05.2015 – 250-4003-2353/2015-E-003-SON
- Ein Bieter ist nicht dazu verpflichtet, bei der Suche nach seinem Leistungsprofil entsprechenden europaweiten Ausschreibungen andere Publikationsorgane als das EU-Amtsblatt durchzusehen.
- Der Fall einer De-facto-Vergabe liegt auch dann vor, wenn der Auftraggeber vergaberechtswidrig eine nationale Ausschreibung an Stelle einer eigentlich gebotenen europaweiten Ausschreibung durchführt.
- Fehlt dem Bieter aufgrund einer durchgeführten De-facto-Vergabe jegliche Information über das geführte Vergabeverfahren, besteht keine Pflicht zu einer vom Nachprüfungsantrag isoliert einzureichenden Rüge.
Einspruchsfrist beginnt auch ohne Zugang des Absageschreibens.
VK Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 11.05.2015 – 3 VK LSA 14-1/15
Voraussetzung für den Beginn der Frist ist nach § 19 Abs. 1 Satz 2 LVG-SA die schriftliche Abgabe der Information durch den Auftraggeber. Auf den Zugang des Schreibens beim Bieter kommt es bei der Fristberechnung nicht an. Eine förmliche Zustellung an die Bieter sieht das Landesvergabegesetz nicht vor.
Vergabeverfahren wird zurückversetzt: Auftraggeber darf Vergabeunterlagen überarbeiten.
VK Lüneburg, Beschluss vom 26.11.2015 – VgK-43/2015
- Muss der öffentliche Auftraggeber das Vergabeverfahren in das Stadium vor Aufforderung zur Abgabe des finalen Angebots zurückversetzen, ist es nicht beanstanden, wenn er auch die Vergabeunterlagen (hierunter das Leistungsverzeichnis, die Bewertungsmatrix und das Preisblatt) überarbeitet und den Bietern die Neufassungen mit der erneuten Aufforderung zur Angebotsabgabe bekannt gibt.
- Haben die Bieter nach Maßgabe einer geänderten Bewertungsmatrix damit zu rechnen, dass ihre IT-Anwendungen in Bezug auf den Bearbeitungsaufwand beurteilt werden, können sie nicht darauf vertrauen, dass allein die erfolgreiche Bearbeitung von Beispielfällen in der ersten Verhandlungsrunde wieder zur Vergabe der maximalen Punktzahlen führt.
Sofortige Beschwerde: Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind zulässig.
OLG Celle, Beschluss vom 21.01.2016 – 13 Verg 8/15
- Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind im Verfahren der sofortigen Beschwerde gegen Entscheidungen der Vergabekammer grundsätzlich nicht präkludiert.
- Legt ein Bieter der Vergabestelle bei Abgabe des Angebots in einem verschlossenen Umschlag die (unverschlossene) erste Seite eines Anschreibens zu dem Zweck vor, dort den Erhalt des Angebots zu quittieren, führt dies nicht zum Angebotsausschluss. *)
Rechtsberatung in Planfeststellungsverfahren ist Rechtsanwälten vorbehalten.
VK Südbayern, Beschluss vom 22.12.2015 – Z3-3-3194-1-48-09/15
- Eine Nachforderungsmöglichkeit gemäß § 11 Abs. 3 VOF besteht grundsätzlich nur für nicht vorgelegte Erklärungen oder Nachweise, nicht jedoch im Falle inhaltlich ungenügender Erklärungen oder Nachweise.
- Ein Angebot, das nicht die geforderten oder nachgeforderten Erklärungen und Nachweise enthält, ist nicht zuschlagsfähig im Sinne des § 11 Abs. 6 VOF, sondern entsprechend § 19 EG Abs. 3 a VOL/A 2009 zwingend auszuschließen.
- Besteht ein Widerspruch in Bezug auf die geforderten Eignungsnachweise zwischen der Bekanntmachung und den Vergabeunterlagen, ist grundsätzlich der Inhalt der Bekanntmachung maßgeblich. Das Angebot eines Bieters, der in einem solchen Fall einen der geforderten Nachweise vorlegt, kann nicht ausgeschlossen werden. Anders ist dies allerdings, wenn er überhaupt keinen Nachweis vorlegt, obwohl jedenfalls Nachweise gefor-dert wurden.
- Die Frage, ob die Bezuschlagung des Angebots eines Nichtanwalts gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz verstößt, ist als Vorfrage der Eignung dieses Bieters im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens zu prüfen. Der Rechtsschutz konkurrierender Bieter, die uneingeschränkt Rechtsdienstleistungen erbringen dürfen, beschränkt sich nicht darauf, in Falle einer Bezuschlagung des Angebots eines Nichtanwalts wettbewerbsrechtliche Abwehransprüche aus § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 UWG i. V. m. § 3 UWG vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen.
- Rechtlich komplexe Hilfsleistungen in Planfeststellungsverfahren können bei entsprechendem Umfang Rechtsanwälten vorbehalten sein.