BauVertragsRechtKompakt – Aktuelle Urteile im Überblick

Baubetreuer muss keine § 648a BGB-Sicherheit stellen.
OLG Koblenz, Urteil vom 02.07.2015 – 1 U 1433/14

Lässt die Inhaberin eines einzelkaufmännischen Unternehmens im Auftrag der Bauherren die Herstellung eines Einfamilienhauses ausführen, ohne dass die Verfügung über die Finanzierungsmittel in den Händen eines Baubetreuers liegt, so bleibt sie gegenüber ihrem Subunternehmer von der Pflicht zur Bauhandwerkersicherung ausgenommen.

Keine Vergütung vereinbart: Zusatzarbeiten sind nicht „ohne Auftrag“ erbracht.
OLG Koblenz, Urteil vom 10.07.2013 – 5 U 177/13

  1. Ist die vom Auftragnehmer eines VOB-Vertrags beabsichtigte Vergütungsvereinbarung für beauftragte Zusatzarbeiten nicht zu Stande gekommen, sind die Zusatzarbeiten nicht „ohne Auftrag“ im Sinne von § 2 Nr. 8 Abs. 1 Satz 1 VOB/B durchgeführt worden.
  2. Für die Abgrenzung, welche Leistungen von der vertraglich vereinbarten Vergütung erfasst sind und welche Leistungen zusätzlich vergütet werden müssen, ist der Inhalt der Leistungsbeschreibung maßgeblich. Diese ist im Zusammenhang des gesamten Vertragswerks auszulegen. Haben die Parteien die Geltung der VOB/B vereinbart, gehören hierzu auch die Allgemeinen Technischen Bestimmungen für Bauleistungen der VOB/C sowie das konkrete Leistungsverzeichnis (Abgrenzung zu BGH, IBR 2006, 605).
  3. Ohne Vergütungsvereinbarung beauftragte Zusatzarbeiten sind nach den Grundlagen der Preisermittlung für die vertragliche Leistung und den besonderen Kosten der geforderten Leistung zu vergüten (§ 2 Nr. 6 Abs. 2 Satz 1 VOB/B). Erschwernisse und Zusatzarbeiten, mit denen der Auftragnehmer nach den vorvertraglich bestehenden allgemeinen und besonderen Erkenntnismöglichkeiten rechnen musste, gehen auch dann zu seinen Lasten, wenn er sich diese Kenntnisse nicht verschafft hat.


Nachträge müssen im BGB-Bauvertrag erst nach der Abnahme bezahlt werden.
OLG Bamberg, Urteil vom 08.07.2015 – 3 U 189/14

  1. Steht fest, dass der Auftragnehmer eine Vertragsfrist aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht einhalten wird und ist diese Vertragsverletzung von so erheblichem Gewicht, dass dem Auftraggeber eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht zugemutet werden kann, kann dieser den Vertrag aus wichtigem Grund kündigen.
  2. Wird der Bauvertrag vom Auftraggeber „frei“ gekündigt, kann der Auftragnehmer die vereinbarte Vergütung zu verlangen. Er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.
  3. Bei der Abrechnung eines Pauschalvertrags nach einer „freien“ Kündigung darf der Auftragnehmer keine ungerechtfertigten Vorteile aus der Kündigung ziehen. Die Abrechnung hat deshalb auf der Grundlage der für die Gesamtleistung vereinbarten Vergütung zu erfolgen. Der Auftraggeber schuldet eine Vergütung, die dem am Vertragspreis orientierten Wert der erbrachten Leistung im Zeitpunkt der Kündigung entspricht.
  4. Damit eine transparente Abrechnung gegeben ist, muss der Auftragnehmer die Arbeiten, die Gegenstand des Pauschalvertrags sind, zum Zweck der Abrechnung in einzelne Teilleistungen zergliedern und diese mit Preisen bewerten. Die Summe dieser einzelnen Teilleistungen muss die insgesamt geschuldete Leistung, die Summe der diesen einzelnen Teilleistungen zugeordneten Preise muss den Pauschalpreis ergeben.
  5. Die Abgrenzung zwischen dem erbrachten und dem nicht erbrachten Teil auf der Grundlage eines prozentual angegebenen Fertigstellungsgrads ist kein sachgerechter Maßstab für eine transparente Abrechnung.
  6. Es gibt keinen allgemeinen Grundsatz dahingehend, dass der Auftraggeber stets für etwaige Mehrkosten wegen geänderter oder zusätzlicher Leistungen (sog. Nachträge) aufzukommen hat. Änderungs- und Zusatzleistungen sind nur dann „nachtragsfähig“, wenn sie auf Anordnungen des Auftraggebers zurückzuführen sind.
  7. Enthält ein BGB-Bauvertrag keine Regelung über die Fälligkeit etwaiger Nachtragsforderungen, sind diese erst nach Fertigstellung und Abnahme der Gesamtleistung zu vergüten.

Wer trägt das Risiko einer unklaren Leistungsbeschreibung?
OLG München, Urteil vom 10.07.2013 – 27 U 31/13

  1. Etwaige – nach Auslegung der Vertragsunterlagen verbleibende – Unklarheiten und Widersprüche in der Leistungsbeschreibung gehen zu Lasten des Erstellers (hier: des Auftragnehmers).
  2. Eine Biogasanlage, die bei dem vertraglich vereinbarten Dauerbetrieb den zulässigen Grenzwert für Formaldehyd deutlich überschreitet, ist mangelhaft.

Kellerabdichtung muss den Keller abdichten.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.03.2015 – 21 U 62/14

  1. Zur vereinbarten Beschaffenheit im Sinne des § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB gehören alle Eigenschaften des Werks, die nach der Vereinbarung der Parteien den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführen sollen. Der vertraglich geschuldete Erfolg bestimmt sich nicht allein nach der zu seiner Erreichung vereinbarten Leistung oder Ausführungsart, sondern auch danach, welche Funktion das Werk nach dem Willen der Parteien erfüllen soll.
  2. Ist eine funktionierende Kellerabdichtung geschuldet, ist das Werk nur dann mangelfrei, wenn es ausreichend vor eindringendem Wasser schützt. Das Bauwerk und dessen Teile müssen so abgedichtet sein, dass keine Feuchtigkeit eindringt.
  3. Kann die Funktionstauglichkeit der beauftragten Leistung mit der vereinbarten Ausführungsart oder den vereinbarten Materialien nicht erreicht werden, wird im Grundsatz hiervon die Mangelhaftigkeit des Werks nicht berührt; der Unternehmer schuldet weiter die vereinbarte Funktionstauglichkeit. Der Unternehmer haftet nicht für die fehlende Funktionstauglichkeit des Werks, wenn er den Besteller auf die Bedenken gegen eine solche Anordnung hingewiesen hat und dieser auf der untauglichen Ausführung besteht. Die Darlegungs- und Beweislast für einen Tatbestand, der dazu führt, dass der Unternehmer von der Mängelhaftung befreit ist, trägt der Unternehmer.
  4. Seiner Bedenkenhinweispflicht genügt der Werkunternehmer nur dann, wenn er dem Besteller die nachteiligen Folgen und die sich daraus ergebenden Gefahren der unzureichenden Vorgaben konkret dargelegt hat und ihm solcher Art in die Lage versetzt hat, die Tragweite der Nichtbefolgung klar zu erkennen. Der Bedenkenhinweis des Auftragnehmers kann, soweit es sich um einen BGB Bauvertrag und nicht um einen VOB/B Bauvertrag handelt, bei dem aus § 4 Abs. 3 VOB/B die grundsätzliche Schriftform abzuleiten ist, auch mündlich erfolgen. Er muss aber in jedem Fall inhaltlich klar, vollständig und erschöpfend sein, insbesondere die Gefahren aufzeigen, die im Hinblick auf die Erreichung des angestrebten Werkerfolges bei Beibehaltung der verbindlichen Vorgaben bestehen.
  5. Der Besteller kann im Rahmen des Schadensersatzes statt der Leistung wegen mangelhafter Werkleistung die Kosten verlangen, die für eine mangelfreie Leistungserfüllung, also für eine Mangelbeseitigung erforderlich sind. Er umfasst sämtliche Aufwendungen, die dem Auftraggeber entstehen, wenn er die Werkmängel des Werkunternehmers beseitigen lässt.

Trotz fehlender Druckprüfungsprotokolle: Leistung ist abzunehmen.
OLG Köln, Urteil vom 07.08.2015 – 19 U 104/14

Druckprüfungsprotokolle sind nicht – wie etwa Schaltpläne oder Bedienungsanleitungen – für die Funktionstauglichkeit des Werks maßgeblich, sondern betreffen den Nachweis des Werkerfolges selbst. Fehlende Prüfprotokolle bezüglich Dichtigkeitsprüfung und Druckprüfung berechtigen den Auftraggeber deshalb nicht dazu, die Abnahme zu verweigern.

Bauvertrag nach BGB: Wann kann der Auftraggeber schon vor Abnahme Mängelrechte geltend machen?
OLG Brandenburg, Urteil vom 22.12.2015 – 4 U 26/12

  1. Die werkvertraglichen Gewährleistungsrechte entstehen im BGB-Bauvertrag grundsätzlich erst mit Abnahme der Leistung. Der Auftraggeber kann aber in Ausnahmefällen auch im BGB-Bauvertrag bereits vor der Abnahme Mängelrechte geltend machen, etwa dann, wenn der Auftragnehmer sein Werk als fertiggestellt ansieht, der Auftraggeber jedoch die Abnahme wegen Mängeln nicht erklärt und der Auftragnehmer die Mängelbeseitigung endgültig verweigert.
  2. Der Auftragnehmer hat die in Auftrag gegebenen Leistungen daraufhin zu überprüfen, ob sie geeignet sind, das Werk in der vorgesehenen und geschuldeten Weise zu erbringen.
  3. Der Umfang der Prüfungspflicht hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind das beim Auftragnehmer vorauszusetzende und branchenübliche Wissen, die Art und der Umfang der Leistungsverpflichtung und des Leistungsobjekts sowie der Kenntnisstand des Auftraggebers oder seines Architekten. Hinsichtlich des Wissensstands kann vom Auftragnehmer das dem neuesten Stand der Technik entsprechende Normalwissen verlangt werden.
  4. Der Auftragnehmer muss seiner Prüfungs- und Anzeigepflicht auch dann nachkommen, wenn ein Fachingenieur oder ein Architekt die Ausführung des Werks geplant hat. Auf eine solche Planung darf sich der Auftragnehmer nur verlassen, wenn er auf die größere Fachkunde des Planers vertrauen darf.
  5. Wird der Auftragnehmer wegen Baumängeln in Anspruch genommen, kann er sich nicht darauf berufen, durch den vom Auftraggeber hierzu beauftragten Architekten nur unzureichend überwacht worden zu sein.
  6. Die Haftung eines lediglich mit der Überwachung kritischer bzw. wichtiger Bauarbeiten auf Stundenbasis beauftragten Architekten richtet sich nicht nach der Höhe des Honorars, sondern nach dem vertraglichen Leistungssoll.
  7. Erhält ein Architekt den Auftrag, bei „wichtigen Arbeiten“ und „Schwerpunktarbeiten auf der Baustelle“ nachzuschauen bzw. auf die „Knackpunkte der Bauausführung“ zu achten, muss er die Ausführung von Abdichtungsarbeiten besonders intensiv überwachen.
  8. Die handwerkliche Ausführung einer Bitumendickbeschichtung ist insbesondere bei „drückendem Wasser“ oder „aufstauendem Sickerwasser“ keine handwerkliche Selbstverständlichkeit, die nicht besonders überwacht werden muss.

Wann ist die Mängelbeseitigung für den Auftragnehmer unverhältnismäßig?
OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.04.2015 – 21 U 182/14

  1. Ein auf der Baustelle durch den Auftragnehmer eingesetzter Monteur ist regelmäßig von diesem nicht mit Vertretungsmacht, also mit der rechtlichen Befugnis ausgestattet ist, für den Werkunternehmer rechtsgeschäftliche Erklärungen abzugeben, durch den bestehende Verträge in Hinblick auf die hieraus bestehenden Rechte und Pflichte des Unternehmers geändert werden.
  2. Ein unverhältnismäßiger Aufwand im Sinne des § 635 Abs. 3 BGB ist dann anzunehmen, wenn einem objektiv geringen Interesse des Bestellers an einer mangelfreien Vertragsleistung ein ganz erheblicher und deshalb vergleichsweise unangemessener Aufwand gegenübersteht. Hat der Besteller objektiv ein berechtigtes Interesse an einer ordnungsgemäßen Erfüllung des Vertrags, kann ihm der Unternehmer regelmäßig die Nachbesserung wegen hoher Kosten der Mängelbeseitigung nicht verweigern. Mängel, durch die die Funktionsfähigkeit des Werkes spürbar beeinträchtigt wird, regelmäßig führen dazu, dass eine Verweigerung der Nachbesserung unter Verweis auf die hohen Kosten unberechtigt ist. Für die Feststellung der Unverhältnismäßigkeit der Nachbesserungskosten bedarf es nicht der Erkenntnis, dass der Werkunternehmer diese nur mit besonderen Schwierigkeiten zu tragen in der Lage ist.
  3. Die Gründe einer klageabweisenden Entscheidung erwachsen nicht in Rechtskraft. Ist eine Vergütungsklage rechtskräftig abgewiesen worden, schließt dies eine erneute Geltendmachung dieser Werklohnforderung durch den Auftragnehmer in einem nachfolgenden Verfahren, in dem der Besteller Mängelrechte einklagt, zum Beispiel durch Erhebung einer Widerklage oder durch Aufrechnung aus. Aus welchen rechtlichen Gründen bzw. Begründungselementen das mit der Werklohnklage befasste Gericht die Vergütungsklage des Auftragnehmers abgewiesen hat, ist für die nachfolgende Gewährsleistungsklage des Auftraggebers ohne Belang, da diese Elemente an der Rechtskraft nicht teilnehmen. Auch wenn die Werklohnklage letztlich deshalb abgewiesen worden war, weil das hiermit befasste Gericht Mängel der Werkleistung festgestellt hat, und hierauf gegründete Mängelrechte der Vergütungsforderung entgegenstehen, steht hierdurch nicht bereits rechtskräftig die Mangelhaftigkeit des Werkes für die Klage des Bestellers fest.

Umfasst der mangelbedingte Schadensersatz auch Hotelkosten?
OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.04.2015 – 21 U 162/14

  1. Im Rahmen des mangelbedingten Schadensersatzes hat der Besteller einen Anspruch auf Ersatz der für die Mängelbeseitigung erforderlichen Aufwendungen. Diese erstreckt sich nicht nur auf die erforderlichen Maßnahmen, um die mangelhafte Leistung nachträglich in einen mangelfreien Zustand zu versetzen, sondern alles, was vorbereitend erforderlich ist, um den Mangel an der eigenen Leistung zu beheben. Hinzu kommen die Arbeiten, die notwendig werden, um nach durchgeführter Mängelbeseitigung den davor bestehenden Zustand wieder herzustellen. Dazu gehören auch Kosten für Maßnahmen, die notwendigerweise im Zuge der Mängelbeseitigung vorzunehmen sind, um den ordnungsgemäßen Zustand wieder herzustellen. All diese Kosten können vom Besteller fiktiv geltend gemacht werden. Fiktive Kosten für ein Hotel, in das der Besteller umziehen muss, um die ordnungsgemäße Mängelbeseitigung zu ermöglichen, sind allenfalls dann erstattungsfähig, wenn sie sicher anfallen (Anschluss an OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.10.2014 – 5 U 84/10, NZBau 2015, 98, 102 = IBRRS 2014, 3209).
  2. Es stellt keinen beweisrechtlichen Verfahrensfehler dar, wenn der gerichtliche Sachverständige bei seinen Feststellungen auf Lichtbilddokumentationen eines Privatgutachters zurückgreift , wenn der gerichtliche Sachverständige keine eigenen Feststellungen vor Ort von dem baulichen Zustand der Werkleistung mehr hat treffen können, nachdem der Auftraggeber durch ein Drittunternehmen Mängelbeseitigungsarbeiten hat durchführen lassen. In einer solchen Verwertung eines Privatgutachtens liegt auch kein Verstoß gegen das rechtliche Gehör, wenn der Privatgutachter seine Dokumentationen im Rahmen von Ortsterminen, zu denen der Werkunternehmer nicht geladen worden ist, erstellt hat.
  3. Die Kosten für ein Gutachten über Ursache und Ausmaß der eingetretenen und noch zu erwartenden Mangelfolgeschäden sind grundsätzlich vom Bauunternehmer zu erstatten, wenn er für den eigentlichen Mangelschaden einstandspflichtig ist. Die Beauftragung muss im Einzelfall notwendig und erforderlich sein, um dem Auftraggeber über den eingetretenen Mangel ein zuverlässiges Bild zu verschaffen. Der Erstattungsfähigkeit der Sachverständigenkosten steht nicht entgegen, dass der Auftraggeber ein selbstständiges Beweisverfahren hätte einleiten können.

Bauvertrag gekündigt: Keine Ansprüche wegen nicht fertiggestellter Leistungen.
OLG Stuttgart, Beschluss vom 28.01.2016 – 5 U 156/13

Wird der Bauvertrag vom Auftragnehmer berechtigter Weise gekündigt, stehen dem Auftraggeber zwar noch Beseitigungsansprüche im Hinblick auf Mängel an der bereits erbrachten Teilleistung zu. Das gilt jedoch nicht wegen noch nicht fertiggestellter Leistungen.

Wegen fehlender Vorleistungen gekündigt: Auftragnehmer muss Mängel nicht (mehr) beseitigen.
OLG München, Urteil vom 17.03.2015 – 9 U 2856/11 Bau

  1. Vorleistungen anderer Unternehmer oder planerische Vorleistungen, ohne die der Auftragnehmer „seinen“ Mangel nicht beseitigen kann, sind Mitwirkungshandlungen des Auftraggebers.
  2. Kommt der Auftraggeber den ihm obliegenden Mitwirkungshandlungen nicht innerhalb einer ihm vom Auftragnehmer hierfür gesetzten angemessenen Frist nach, kann der Auftragnehmer den Vertrag kündigen. Das gilt sowohl im BGB- als auch im VOB-Vertrag.
  3. Kündigt der Auftragnehmer nach fruchtlosem Fristablauf den Vertrag, ist er nicht mehr zu Mängelbeseitigung verpflichtet und kann seine Leistungen endgültig abrechnen, wobei er allerdings nicht den vollen Werklohn verlangt kann. Vielmehr sind die vorhandenen Mängel insoweit zu berücksichtigen, als die Kosten der erforderlichen Mängelbeseitigung ohne Berücksichtigung eines Druckzuschlags in Abzug zu bringen sind.
  4. Ein mündlicher Bedenkenhinweis kann – auch bei Vereinbarung der VOB/B – ausreichen, wenn in dem Hinweis die nachteiligen Folgen und die sich daraus ergebenden Gefahren der unzureichenden Vorgaben bzw. Planung konkret dargelegt werden, damit dem Auftraggeber die Tragweite der Nichtbefolgung hinreichend verdeutlicht wird und angenommen werden kann, dass der hinreichend aufgeklärte Auftraggeber bewusst das Risiko von Mängeln übernimmt.
  5. Der Hinweis des Auftragnehmers, „dass (bei der Ausführung von Putzarbeiten) Risse entstehen können, weil so viel Material drauf kommt“, stellt keinen wirksamen Bedenkenhinweis dar.
  6. Liegt nur ein optischer Mangel vor, der nicht auffällig ist und nur eine geringe Beeinträchtigung hat, kann die Nachbesserung wegen Unverhältnismäßigkeit verweigert werden. Für die Bemessung der Minderung ist aber dann nicht von den Mängelbeseitigungskosten auszugehen, sondern von einem merkantilen Minderwert.

Pauschalierter Schadensersatz kann auf 20% gedeckelt werden.
OLG Schleswig, Urteil vom 01.03.2012 – 5 U 47/11

Eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Windenergieanlagenherstellers, wonach der pauschalierte Schadensersatz wegen Nichtverfügbarkeit der Anlage auf höchstens 20% der zu erwartenden Einspeisevergütung gedeckelt ist, ist im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern wirksam.

Schadensersatz wegen Beratungsfehlers: Wie ist die Schadenshöhe darzulegen?
OLG Bamberg, Urteil vom 17.04.2013 – 3 U 127/12

  1. Kann der Auftraggeber seine mit der Errichtung einer Photovoltaikanlage verfolgten wirtschaftlichen Ziele (hier: Kostenamortisation während der 20-jährigen Laufzeit der Einspeisungsverträge) wegen vorhandener Abschattungen nicht erreichen und war dies für den Planer bei ordnungsgemäßer Prüfung der voraussichtlichen Erträge erkennbar, ist ein Schadenersatzanspruch wegen schuldhafter Beratungspflichtverletzungen dem Grunde nach gegeben.
  2. Bei einem Schadensersatzanspruch wegen eines Beratungsfehlers kann der Auftraggeber aber nur verlangen, so gestellt zu werden, wie er ohne das schädigende Verhalten des Planers gestanden hätte, wie er also bei richtiger Beratung stünde.
  3. Zur Darlegung der Schadenshöhe muss der Auftraggeber dabei im Rahmen seiner Schadenskalkulation die erhaltenen und ihm in Zukunft noch zufließenden Vorteile (Einspeisungsvergütungen) den angefallenen Kosten und andernfalls erlangten (entgangenen) Vorteilen (z.B. Zinseinnahmen) gegenüber stellen.
  4. Soweit auf Seiten des Auftraggebers Sonderfachleute und Architekten eingeschaltet sind, ist ein Werkunternehmer nicht dazu verpflichtet, deren Erkenntnisse auf ihre Richtigkeit zu überprüfen, es sei denn, „ein Fehler springt ins Auge“.

Wer wissentlich überhöhten Werklohn zahlt, kann keinen Schadensersatz verlangen.
OLG Naumburg, Urteil vom 03.12.2015 – 1 U 84/15

  1. Behauptet der klagende Besteller zur Begründung seiner Schadensersatzforderung, der Beklagte habe mit der Auftragnehmerin vereinbart, diese solle mit dem Kläger einen höheren Werklohn vereinbaren, der dann im Umfang des Mehrbetrages an den Beklagten durchzureichen sei, und hat der Kläger hiervon vor Auszahlung wesentlicher Teile des (zu hoch) vereinbarten Werklohns erfahren, kann es gegen die Schadensminderungspflicht verstoßen, die Vergütungsforderung der Auftragnehmerin dennoch ungemindert erfüllt und damit den ersetzt verlangten Vermögensschaden erst herbeigeführt zu haben.
  2. Hat der Kläger in erster Instanz einen in seiner Person entstandenen und hilfsweise einen im Wege der Abtretung erworbenen Anspruch geltend gemacht, entfällt die Rechtshängigkeit des Hilfsanspruchs, wenn das erstinstanzliche Gericht nur über den Hauptanspruch entscheidet und der Kläger nicht rechtzeitig die Ergänzung des Urteils betreibt.
  3. Wird der Hilfsanspruch mit der Berufung wiederum geltend gemacht, handelt es sich um eine Klageänderung. Ist die Änderung der Klage nach § 533 ZPO zulässig und die Sache nur in Bezug auf den Hauptanspruch zur Entscheidung reif, kann das Rechtsmittel insoweit durch Teilurteil teilweise zurückgewiesen werden.

Ursachen von mangelhafter Erstsanierung nicht festgestellt: Schadensersatz für Zweitsanierung beschränkt.
OLG Naumburg, Urteil vom 05.10.2015 – 1 U 46/15

Beauftragt der Besteller einen Unternehmer mit der misslingenden Sanierung der vom Besteller selbst hergestellten Sichtbetonelemente, sind die Kosten der Selbstvornahme durch Beauftragung eines weiteren Unternehmens mit der letztlich auch erfolglos bleibenden (Nach-)Sanierung wegen der Nähe des Bestellers zur Schadensursache unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens auf den an den nacherfüllungspflichtigen Erstbeauftragten gezahlten Werklohn beschränkt, wenn der Besteller den zweiten Sanierungsversuch in Auftrag gab, ohne zuvor die Ursachen der mangelhaften Sanierung festgestellt zu haben.

Bauzeitverlängerung: BGK und AGK werden nur bei konkretem Nachweis ersetzt.
LG Mainz, Urteil vom 08.01.2016 – 2 O 328/14

  1. Ein Entschädigungsanspruch nach § 642 Abs. 1 BGB kann nicht in der Weise berechnet werden, dass die umsatzbezogen ermittelten Baustellengemeinkosten und allgemeinen Geschäftskosten im Wege eines Dreisatzes von der ursprünglich vorgesehenen Bauzeit auf die tatsächlich benötigte Bauzeit linear hochgerechnet werden.
  2. Vorzutragen ist, dass ein konkreter, bauablaufbezogener Nachteil entstanden ist oder jedenfalls ablaufbezogene Tatsachen, aus denen sich ein konkreter Nachteil des Unternehmers nach § 287 ZPO schätzen lässt.

Bauhandwerkersicherungshypothek: Einstweilige Verfügung ist nach 20 Monaten nicht mehr eilbedürftig.
OLG Nürnberg, Beschluss vom 26.02.2015 – 13 U 2061/14

Die Eilbedürftigkeit für die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung eines Anspruchs auf Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek nach § 648 BGB entfällt, wenn der Werkunternehmer ein bei ihm nicht vorhandenes vorläufiges Sicherungsinteresse dadurch zum Ausdruck bringt, dass er zwischen Abschluss der Arbeiten und/oder der Stellung der Schlussrechnung und der Antragstellung einen Zeitraum von 15 bzw. 20 Monaten verstreichen lässt.

„Falsche“ Leistung angeboten: Keine Kündigung wegen Annahmeverzugs.
OLG Frankfurt, Urteil vom 28.10.2015 – 16 U 56/15

  1. Bei einer aus natürlichen Personen bestehenden Wohnungseigentümergemeinschaft kann von einer Vertrautheit mit der VOB/B nicht ohne weiteres ausgegangen werden. Für die Vereinbarung der VOB/B ist es deshalb erforderlich, dass die Gemeinschaft vom Auftragnehmer vor Vertragsabschluss in die Lage versetzt wird, sich in geeigneter Weise Kenntnis von der VOB/B zu verschaffen.
  2. Eine Kündigung des Bauvertrags durch den Auftragnehmer wegen Annahmeverzugs des Auftraggebers setzt voraus, dass dem Auftraggeber die Leistung so angeboten wird, wie sie sie nach dem Vertrag zu bewirken war (hier verneint).

Leistung rügelos abgenommen: Auftragnehmer muss Mängelbeseitigungskosten nicht ersetzen.
OLG Schleswig, Urteil vom 18.12.2015 – 1 U 125/14

Nimmt der Besteller ein mangelhaftes Werk trotz Kenntnis des Mangels ab, ohne sich die Mangelgewährleistungsrechte vorzubehalten, steht ihm nur noch der Anspruch auf Ersatz des Mangelfolgeschadens zu. Der Anspruch auf Schadensersatz wegen der Mangelbeseitigungskosten ist ausgeschlossen.

Auch bei eindeutiger Vergütungvereinbarung: Gericht muss Beweis über Stundenlohnvereinbarung erheben.
OLG Koblenz, Urteil vom 29.07.2015 – 5 U 211/15

  1. Hält das Gericht im Bauprozess eine mündliche Stundenlohnvereinbarung, durch die eine im schriftlichen Vertrag festgelegte Art der Vergütung abbedungen worden sein soll, für nicht hinreichend substantiiert, muss es den Anspruchsteller darauf unmissverständlich hinweisen. Das ist nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Auftraggeber unzureichende Substantiierung gerügt hat, wenn der Auftragnehmer ersichtlich davon ausgeht, diese Beanstandung durch entsprechenden Prozessvortrag entkräftet zu haben.
  2. Ob ein Verfahrensfehler vorliegt, richtet sich auch im Bauprozess nach dem materiellrechtlichen Standpunkt des Erstrichters, selbst wenn dessen Rechtsansicht verfehlt ist. Erst wenn aufgrund dieser materiellrechtlichen Beurteilung gleichwohl ein gerichtlicher Hinweis geboten war, aber versäumt wurde, liegt ein Verfahrensfehler vor, der zur Aufhebung und Zurückverweisung führen kann (hier bejaht).
  3. Die Beweiserhebung zu einer behaupteten mündlichen Stundenlohnvereinbarung darf auch dann nicht davon abhängig gemacht werden, zu Ort, Zeit und Umständen der behaupteten Abrede vorzutragen, wenn der schriftliche Bauvertrag hinsichtlich der abweichenden Vergütungsregelung (hier: Einheitspreis) scheinbar eindeutig ist.