Aufgabenübertragung von einer öffentlichen Stelle auf die andere per Vergaberecht?

Vereinbarung, in der Hilfsgeschäfte ohne hoheitliche Aufgabenwahrnehmung von einem öffentlichen Auftraggeber auf eine andere öffentliche Stelle übertragen werden, ohne dass beide Stellen jeweils eigene Beiträge bei der Aufgabenerfüllung leisten, unterfällt dem Vergaberecht

Der EuGH hat am 13. Juni 2013 in der Rechtssache C-386/11 sein Urteil zum Anwendungsbereich der interkommunalen Zusammenarbeit verkündet. Darin hat der Gerichtshof die vergaberechtsfreie
Zusammenarbeit von öffentlichen Einrichtungen wie Kommunen und Landkreisen
durch eine sogenannte delegierende Aufgabenübertragung für Hilfsgeschäfte deutlich
eingeschränkt.

Dem Urteil lag eine Vorlage des OLG Düsseldorf vom 6. Juli 2011 (Az. VII- Verg
39/11) zugrunde. In dem Ausgangsrechtsstreit beabsichtigte der Landkreis Düren mit
der Stadt Düren einen öffentlich-rechtlichen Vertrag zu schließen, in dem die Reinigung
der Gebäude des Kreises im Stadtgebiet Düren im Wege der delegierenden
Aufgabenübertragung gegen finanzielle Entschädigung an die Stadt übertragen werden
sollte. Dabei wollte sich der Kreis die Kontrolle der ordnungsgemäßen Durchführung
der Aufgabe vorbehalten. Die Stadt wiederum sollte ermächtigt werden, sich zur
Auftragserfüllung Dritter zu bedienen.

Der EuGH stellt zunächst fest, dass diese Vereinbarung alle Merkmale eines öffentlichen
Auftrages nach Art. 1 Abs. 2 lit. a der Richtlinie 2004/18 erfüllt. Ein solcher öffentlicher
Auftrag fällt aber zum einen nicht in den Anwendungsbereich des Vergaberechts
der Union, wenn eine Inhouse-Vergabe vorliegt. Diese Ausnahme konnte hier
eindeutig ausgeschlossen werden, da der Landkreis trotz der vereinbarten Kontrolle
der ordnungsgemäßen Auftragsdurchführung keine Kontrolle über die Stadt wie über
eine eigene Dienststelle ausüben kann. Zum anderen liegt eine Ausnahme vor, wenn
öffentliche Einrichtungen eine Zusammenarbeit bei der Wahrnehmung einer ihnen
obliegenden Gemeinwohlaufgabe vereinbaren. In einem solchen Fall sind die unionsrechtlichen
Vergabevorschriften nicht anwendbar, sofern

  • solche Verträge ausschließlich zwischen öffentlichen Einrichtungen ohne Beteiligung
    Privater geschlossen werden,
  • kein privater Dienstleistungserbringer besser gestellt wird als seine Wettbewerber
    und
  • die vereinbarte Zusammenarbeit nur durch Überlegungen und Erfordernisse bestimmt
    wird, die mit der Verfolgung von im öffentlichen Interesse liegenden Zielen
    zusammenhängen.

Im vorliegenden Fall hat der EuGH entschieden, dass die Vereinbarung zwischen
Landkreis und Stadt keine Zusammenarbeit zur Wahrnehmung einer Gemeinwohlaufgabe
zum Gegenstand hat. Eine Vereinbarung, in der Hilfsgeschäfte ohne hoheitliche
Aufgabenwahrnehmung von einem öffentlichen Auftraggeber auf eine andere öffentliche
Stelle übertragen werden, ohne dass beide Stellen jeweils eigene Beiträge
bei der Aufgabenerfüllung leisten, unterfällt demnach dem Vergaberecht. Im vorliegenden
Fall hat der EuGH weiterhin festgestellt, dass dadurch, dass sich die Stadt
zur Erfüllung der Aufgabe eines Dritten bedienen darf, dieser Dritte gegenüber anderen
Unternehmen begünstigt werden könnte. Um eine Begünstigung Dritter durch den
Vertrag über die öffentliche Zusammenarbeit festzustellen, kann es also bereits ausreichen,
dass eine Einbeziehung weiterer Akteure durch diesen Vertrag ermöglicht
wird.

Für öffentliche Auftraggeber bedeutet dies, dass eine delegierende Aufgabenübertragung
von Hilfsgeschäften, wie Reinigungsdienstleistungen, Hausmeisterdienste oder
auch einfache IT-Dienstleistungen, künftig regelmäßig nicht mehr vergaberechtsfrei
möglich ist. Sollen derartige Hilfsgeschäfte auf andere öffentliche Einrichtungen übertragen
werden, ist vielmehr ein Vergabeverfahren durchzuführen. Bei der Wahrnehmung
hoheitlicher Aufgaben oder im Bereich der Daseinsvorsorge, wie etwa bei der
Abfallentsorgung, ist dagegen eine vergaberechtsfreie Zusammenarbeit öffentlicher
Stellen weiterhin möglich.