Voraussetzungen für eine vergabefreie interkommunale Zusammenarbeit, vorgestellt von Thomas Ax

§ 108 GWB regelt erstmals den Bereich der von der Anwendung des Vergaberechts ausgenommenen öffentlich-öffentlichen Zusammenarbeit. Damit soll nunmehr Klarheit geschaffen werden, unter welchen Voraussetzungen zwischen öffentlichen Auftraggebern geschlossene Verträge von der Anwendung des 4. Teils des GWB ausgenommen sind (Gesetzesbegründung zu § 108 GWB, S. 79, BTDrs. 18/6281). Es handelt sich daher wie bei § 107 und § 109 GWB um eine Bereichsausnahme, so dass die Voraussetzungen des § 108 GWB im Rahmen der Zulässigkeit zu prüfen sind.

Nach § 108 Abs. 6 GWB ist der 4. Teil des GWB nicht anzuwenden und es besteht demzufolge keine Verpflichtung zu einer vorherigen Bekanntmachung bei Verträgen, die zwischen zwei oder mehreren öffentlichen Auftraggebern im Sinne des § 99 Nummer 1 bis 3 geschlossen werden, wenn

1. der Vertrag eine Zusammenarbeit zwischen den beteiligten öffentlichen Auftraggebern begründet oder erfüllt, um sicherzustellen, dass die von ihnen zu erbringenden öffentlichen Dienstleistungen im Hinblick auf die Erreichung gemeinsamer Ziele ausgeführt werden,

2. die Durchführung der Zusammenarbeit nach Nummer 1 ausschließlich durch Überlegungen im Zusammenhang mit dem öffentlichen Interesse bestimmt wird und

3. die öffentlichen Auftraggeber auf dem Markt weniger als 20 Prozent der Tätigkeiten erbringen, die durch die Zusammenarbeit nach Nummer 1 erfasst sind.

Somit setzt § 108 Abs. 6 GWB den Art. 12 Abs. 4 RL 2014/24/EU um, der seinerseits auf der Rechtsprechung des EuGH beruht (EuGH, Urteil vom 09.06.2009, C-480/06, Stadtreinigung Hamburg; Urteil vom 19.12.2012, C-159/11, Lecce; Urteil vom 13.06.2013, C-386/11, Piepenbrock; Gurlit in: Burgi/Dreher, Vergaberecht GBW 4. Teil, 3. Aufl. 2017, § 108 Rn. 35).

Die vertragliche Zusammenarbeit setzt zwar nicht voraus, dass alle an der Kooperation beteiligten öffentlichen Auftraggeber in gleichem Umfang zur Erbringung der Dienstleistung beitragen müssten. Notwendig ist insofern aber ein kooperatives Konzept (OLG Naumburg, 17.03.2017, 7 Verg 8/16; Webeler in: jurisPK-VergabeR, 5. Aufl., 2016, § 108 GWB Rn. 68). Es reicht im Allgemeinen aus, dass jeder Kooperationsbeteiligte überhaupt einen Beitrag zur gemeinsamen Ausführung der Dienstleistung erbringt (OLG Naumburg, a.a.O.; vgl. Portz in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, Kommentar zum GWB Vergaberecht, 4. Aufl. 2016, § 108 Rn. 230).

Gegenstand der Kooperation im Sinne des § 108 Abs. 6 Nr. 1 GWB müssen weiterhin öffentliche Dienstleistungen sein (Gurlit in: Burgi/Dreher, a.a.O., Rn. 37; Engelhardt/Kaelble, a.a.O., Rn. 79). Da es hier um das Einsammeln und den Transport der Abfälle zur Abladestation des Antragsgegners geht, handelt es sich um eine öffentliche Aufgabe.

Das nach § 108 Abs. 6 Nr. 1 GWB vorausgesetzte Kriterium der Zielidentität ist erfüllt, wenn sich die Zusammenarbeit auf die Wahrnehmung einer allen in einem Kooperationsvertrag verbundenen öffentlichen Auftraggebern gleichermaßen obliegenden öffentlichen Aufgabe bezieht (OLG Naumburg, Beschluss vom 17.03.2017, 7 Verg 8/16; vgl. auch Portz, a.a.O., Rn 222; Gurlit, a.a.O., Rn. 38; Webeler in: jurisPK-VergabeR, 5. Aufl., 2016, § 108 GWB Rn. 68; von Engelhardt/Kaelble in: Müller-Wrede, GWB Vergaberecht Kommentar, § 108 Rn. 79; Ziekow, Inhouse-Geschäft und öffentlich-öffentliche Kooperationen: Neues vom europäischen Vergaberecht?, in NZBau 2015, 258 (263); Krönke, Das neue Vergaberecht aus verwaltungsrechtlicher Perspektive, in NVwZ, 2016, 568 (573)). Somit ist keine Zielidentität gegeben bei Aufgaben, die nur einem der beteiligten Auftraggeber obliegen (von Engelhardt/Kaelble, a.a.O., § 108 Rn. 79, mit Hinweis auf OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7.11.2012, VII-Verg 69/11; Gurlit, a.a.O., Rn. 37).

Eine vergaberechtsfreie interkommunale Zusammenarbeit setzt nach § 108 Abs. 6 Nr. 3 GWB voraus, dass die öffentlichen Auftraggeber auf dem Markt weniger als 20 % der Tätigkeiten erbringen, die durch die Zusammenarbeit nach § 108 Abs. 6 Nr. 1 GWB erfasst sind.

Zur Bestimmung des prozentualen Anteils nach Absatz 6 Nummer 3 wird der durchschnittliche Gesamtumsatz der letzten drei Jahre vor Vergabe des öffentlichen Auftrags oder ein anderer geeigneter tätigkeitsgestützter Wert herangezogen, § 108 Abs. 7 GWB. Ein geeigneter tätigkeitsgestützter Wert sind zum Beispiel die Kosten, die der juristischen Person oder dem öffentlichen Auftraggeber in dieser Zeit in Bezug auf Liefer-, Bau- und Dienstleistungen entstanden sind. Liegen für die letzten drei Jahre keine Angaben über den Umsatz oder einen geeigneten alternativen tätigkeitsgestützten Wert wie zum Beispiel Kosten vor oder sind sie nicht aussagekräftig, genügt es, wenn der tätigkeitsgestützte Wert insbesondere durch Prognosen über die Geschäftsentwicklung glaubhaft gemacht wird.

Nach der Gesetzesbegründung soll damit sichergestellt werden, dass die öffentlich-öffentliche Zusammenarbeit nicht zu Wettbewerbsverzerrungen gegenüber privaten Unternehmen führt.
VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 11.12.2017 – VK 2-29/17 (nicht bestandskräftig)

Gründe:

I.
Im Nachprüfungsverfahren wendet sich die Antragstellerin, ein privates Entsorgungsunternehmen, gegen die beabsichtigte Zusammenarbeit zwischen dem Antragsgegner und der Beigeladenen hinsichtlich der Abfallentsorgung im Gebiet der Beigeladenen.

Der Antragsgegner ist für die in seinem Gebiet angefallenen und ihm überlassenen Abfälle öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger gem. § 17 KrWG, § 3 LKrWG Rheinland-Pfalz. Er betreibt in dieser Funktion die Abfallentsorgung in seinem Gebiet als öffentliche Einrichtung (§ 3 Abs. 1 der Satzung über die Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen im Landkreis ### – Abfallsatzung vom 13.12.2013).

Derzeit werden die im Gebiet des Antragsgegners anfallenden, überlassungspflichtigen Abfälle gem. § 22 KrWG im Auftrag des Antragsgegners von einem privaten Entsorgungsunternehmen eingesammelt. Im Gebiet der kreisangehörigen Stadt ###, der Beigeladenen, erbringt das private Entsorgungsunternehmen die Leistungen nicht selbst, sondern hat die Beigeladene mit der Einsammlung der im Stadtgebiet anfallenden, überlassungspflichtigen Abfälle beauftragt.

In der Sitzung am 30.11.2015 befasste sich der Kreistag des Landkreises ### mit der Kommunalisierung der Abfallwirtschaft.

Ausweislich der Sachverhaltsdarstellung der entsprechenden Beschlussvorlage bedeutet Kommunalisierung der Abfallwirtschaft die Anschaffung eines eigenen kommunalen Fuhrparks für die Müllabfuhr sowie die Durchführung der Sammelleistungen mittels dieser Fahrzeuge durch den Antragsgegner bzw. dessen rechtlich unselbständigen Abfallwirtschaftsbetrieb (AWB). Die Verwaltung des Landkreises schlägt in der Beschlussvorlage vor, für die Sammlung der PPK-Fraktion nach dem Auslaufen des gegenwärtig bestehenden Vertrages ab dem 01.01.2018 einen eigenen Fuhrpark einzurichten. Mit Ablauf der Verträge zur Sammlung von Rest- und Bioabfällen solle ab dem 01.01.2019 ein eigener kommunaler Fuhrpark auch für diese Sammelfraktionen eingesetzt werden. Dem Beschlussvorschlag, „die Müllabfuhr wird kommunalisiert“, hatte der Werkausschuss zuvor zugestimmt.

Der Kreistag fasste folgenden Beschluss:

„Der Kreistag spricht sich für die Kommunalisierung der Abfallwirtschaft aus. Der Kreistag beauftragt die Verwaltung, ein wirtschaftlich tragfähiges Konzept zur Kommunalisierung zu erstellen, unter Einbeziehung der Stadt ###.“

Nach dem Protokoll der Kreistagssitzung hat der 1. Kreisbeigeordnete mit dem zuständigen Bürgermeister der Stadt ### im Vorfeld der Kreistagssitzung ein Gespräch über die Zusammenarbeit bei der Abfallentsorgung geführt. Es sei aber geplant gewesen, nach dem Fassen eines Grundsatzbeschlusses des Kreistags mit der Stadtverwaltung und nicht mit einzelnen Mitgliedern des Stadtvorstandes Details hinsichtlich der Umsetzung der Kommunalisierung zu erörtern.

In der Sitzung des Werkausschusses des Antragsgegners am 22.03.2016 berichtete dessen Vorsitzender von Gesprächen mit der Stadt ###, die durch den zuständigen Bürgermeister vertreten worden sei. In dem Gespräch seien die rechtlichen Möglichkeiten und die wirtschaftliche Sinnhaftigkeit einer Kooperation mit der Stadt ### in Sachen Kommunalisierung angesprochen worden. Die Stadt sei gebeten worden, ein detailliertes Angebot für ihre Leistungen abzugeben, welches sodann vom Antragsgegner bzw. von dem ihn beratenden Unternehmen zu prüfen sei. Weiterhin heißt es in dem Beschlussauszug des Werkausschusses, „in der nächsten Werkausschusssitzung am 14.06.2016 [müsse] die abschließende Entscheidung des Werkausschuss getroffen werden, ob und wie es mit der Einbindung der Stadt ### weitergeht.“

Nachdem in der Werkausschusssitzung am 22.06.2016 über den Fortgang der Gespräche mit der Stadt ### berichtet wurde, fasste der Werkausschuss am 05.07.2016 folgenden Beschluss:

„Die Kommunalisierung der Müllabfuhr unter Einbeziehung der Stadt ### wird beschlossen. Die noch offene Frage der Umsatzsteuer ist bis zum Vertragsschluss mit der Stadt ### zu klären.“

Weiterhin wurde die Verwaltung abschließend „ermächtigt, die Ausschreibung der benötigten Fahrzeuge durchzuführen.“

In der Kreistagssitzung am 11.07.2016 wurde entsprechend dem Beschluss des Werkausschuss die Kommunalisierung der Müllabfuhr unter Einbeziehung der Stadt ### beschlossen. Ende 2016 / Anfang 2017 beschaffte der Antragsgegner Abfallsammelfahrzeuge für die kommunale Abfallentsorgung.

In den Werkausschusssitzungen am 02.05.2017, 27.06.2017 und 29.08.2017 wurden Entwürfe einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung mit der Stadt ### vorgestellt und diskutiert.

Der Werkausschuss hat sodann am 29.08.2017, der Kreistag am 04.09.2017 den Öffentlich-rechtlichen Vertrag mit der Stadt ### über die Zusammenarbeit zur Wahrnehmung kreislaufwirtschaftlicher Aufgaben im Gebiet der Stadt ### (Blatt 515 – 563 der Vergabeakten) beschlossen.

Der öffentlich-rechtliche Vertrag, der von den Vertragsparteien noch nicht unterzeichnet wurde, weist in seinen Vorbemerkungen auf Folgendes hin:

„Im Jahr 2015 hat der Landkreis […] beschlossen, diverse logistische Leistungen der Abfallwirtschaft […] in Eigenregie zu erbringen. In Rheinland-Pfalz unterstützen Städte und Gemeinden nach § 4 Abs. 3 LKrWG die Landkreise bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zur Abfallentsorgung. Bei der Umsetzung der Eigenerbringung soll die Stadt ###, die bereits in der Vergangenheit für ihr Stadtgebiet Teile der abfallwirtschaftlichen Aufgaben des Landkreises als Unterbeauftragte des privaten Drittunternehmens erledigt hat, konzeptionell berücksichtigt werden.

Die nach dem hier vorliegenden Vertrag zu erbringenden Leistungen sollen nicht im Wege einer Aufgabenübertragung, sondern lediglich in Form einer Aufgabenerfüllung (sog. mandatierende Aufgabenübertragung) erbracht werden. […]“

Ziffer 1 des Vertrags benennt Gegenstand und Grundlagen des Vertrags wie folgt:

„1.1 Auf Basis dieses Vertrages (Grundvertrag) verpflichtet sich die Stadt zu folgenden Leistungen:

• Sammlung von Restabfall ab dem 01.01.2019

• Sammlung von Bioabfall ab dem 01.01.2019

• Sammlung von Papier, Pappe und Kartonage (PPK) ab dem 01.01.2018 im vertraglich vereinbarten Sammelrevier der Stadt ###.

Die nähere Ausgestaltung der damit verbundenen Verpflichtungen findet sich in diesem Vertrag und wird in den hierzu gehörigen Anlagen weiter konkretisiert.

1.2 Sämtliche Leistungen müssen unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften und den jeweils gültigen kreislaufwirtschaftlichen Satzungen des Landkreises ausgeführt werden.

1.3 Die Vertragspartner unterstützen sich gegenseitig bei der Erfüllung der kommunalen Kooperation und unterrichten sich unaufgefordert gegenseitig, wenn Umstände bekannt werden, die für die ordnungsgemäße Leistungserbringung von Bedeutung sein können. Der gesamte Abfall, den die Stadt im Wege der kommunalen Zusammenarbeit erlangt, geht unmittelbar in das Eigentum des Landkreises über. Die Stadt mittelt lediglich den Besitz an den Abfällen für den Landkreis aufgrund dieses Vertrages.“

Der Vertrag regelt im Weiteren das Sammelrevier, die Verpflichtung der Stadt, die Leistungen in Eigenregie zu erbringen, den Ausschluss einer Unterbeauftragung sowie die Öffentlichkeitsarbeit.

Hinsichtlich des Entgelts sieht der Vertrag in Ziffer 5 folgende Regelung vor:

„5.1 Die Vertragspartner gehen bei Vertragsschluss davon aus, dass eine abschließende Preisermittlung nicht möglich ist, weshalb für die nach diesem Vertrag geschuldeten Leistungen ein vorläufiger Selbstkostenpreis (Selbstkostenrichtpreis) im Sinne von § 6 Abs. 3 der Verordnung PR Nr. 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen (VO PR 30/53) vom 21.11.1953 […] vereinbart wird.

5.2 Das für die Ermittlung des Selbstkostenrichtpreis maßgebliche Preismodell wird als Anlage 5 (Regelung zur Kostenerstattung) zum Vertrag aufgeführt. […].“

Nach Ziffer 7 haftet die Stadt für alle im Zusammenhang mit der Abfallabfuhr entstehenden Schäden, stellt den Landkreis von Ansprüchen Dritter frei und verpflichtet sich, sich ausreichend gegen Haftungsansprüche zu versichern.

Es folgen Regelungen zu Vertragsänderungen und einer Rechtsnachfolge.

Nach Ziffer 9.2 ist jede Vertragspartei berechtigt, den Vertrag bis spätestens zum 30. Juni zum Ende des darauffolgenden Jahres zu kündigen. Die Kündigung kann erstmals bis zum 30. Juni 2026 für ein angestrebtes Vertragsende zum 31. Dezember 2027 erfolgen.

In Ziffer 9.3 heißt es:

„Verletzt die Stadt ihre vertraglichen Verpflichtungen zur kommunalen Kooperation in dem Maße, dass die dem Landkreis als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger obliegenden Pflichten nicht mehr ausreichend gewährleistet werden können, so steht dem Landkreis ein fristloses Kündigungsrecht zu.

Die dem Landkreis obliegenden Pflichten sind insbesondere dann gefährdet, wenn die Stadt eine vertraglich geschuldete Leistung trotz zweimaliger Abmahnung durch den Landkreis nachhaltig nicht erfüllt. […]“

Ziffer 10 des Vertrages benennt insgesamt 7 Anlagen, die Vertragsbestandteil sind.

In der Anlage 1 (Allgemeine technisch-organisatorische Leistungsbeschreibung) findet sich in Ziffer 4 (Sammelfahrzeuge) folgende Regelung:

„4.1 Der Landkreis beschafft im Wege der beabsichtigten Durchführung von kreislaufwirtschaftlichen Leistungen in Eigenregie die hierfür notwendigen Abfallsammelfahrzeuge. Zur Erfüllung der kreislaufwirtschaftlichen Leistungen, zu der sich die Stadt […] verpflichtet hat, stellt der Landkreis der Stadt eine entsprechende Anzahl an Abfallsammelfahrzeugen leihweise zur Verfügung.

[…]

4.3 Die nähere Ausgestaltung der leihweisen Überlassung der Sammelfahrzeuge an die Stadt erfolgt in einem gesonderten Leihvertrag, der als Anlage dem Grundvertrag beigefügt wird.“

Gem. Ziffer 5.1 der Anlage 1 übernimmt die Stadt die Tourenplanung für ihr Sammelrevier. Die Tourenplanung sowie Änderungen an dieser sind mit dem Landkreis abzustimmen. Hierdurch sollen Optimierungen bei der Gesamterfassung der dem Landkreis zu überlassenden Abfälle – unabhängig von Gebietsgrenzen – erzielt werden.

Nach Ziffer 11 der Anlage 1 verbleibt der Behälterbestand im Eigentum des Landkreises. Der Landkreis übernimmt danach auch den Behälteränderungsdienst.

Aus der Anlage 5 (Regelung zur Kostenerstattung) ergibt sich, dass der Selbstkostenpreis ohne einen kalkulatorischen Gewinn zu berechnen ist. Fahrzeugkosten sind nicht von der Stadt zu kalkulieren, da die Fahrzeuge vom Landkreis gestellt werden, der auch die fixen wie die kilometerabhängigen Betriebskosten der Fahrzeuge trägt. Der seitens des Landkreises zu zahlende – geschätzte – Selbstkostenpreis beläuft sich nach der Anlage 5 auf jährlich 504.493 Euro ab dem Jahr 2019. Im Jahr 2018 ist von einem Entgelt für die Sammlung der PPK-Fraktion in Höhe von 100.899 Euro auszugehen.

Anlage 7 (Vertrag über die Leihe von Abfallsammelfahrzeugen) enthält dementsprechend und gem. § 598 BGB keine Regelung einer „Leihgebühr“.

Mit Schreiben vom 27.06.2017 wandte sich die Antragstellerin an den Antragsgegner und bekundete ihr Interesse an der Übernahme der verfahrensgegenständlichen Leistungen nach Auslaufen des aktuellen Entsorgungsvertrages. Sie wies darauf hin, dass nach ihrer Ansicht eine Neuvergabe nur nach Durchführung eines europaweiten Ausschreibungsverfahrens möglich sei. Dies gelte auch für eine etwaige Übernahme von Leistungen durch die Beigeladene. In dem Schreiben heißt es:

„Sollte beabsichtigt sein, die Leistungen ohne Durchführung eines geregelten Vergabeverfahrens an einen Dritten, etwa die Stadt ###, zu vergeben, rügen wir dies – ohne insofern in vergaberechtlicher Hinsicht eine Obliegenheit anzuerkennen – vorsorglich schon jetzt.“

Der Antragsgegner habe der Antragstellerin mit Schreiben vom 19.07.2017 geantwortet, wobei diese aber den Zugang des Schreibens bestreitet. In dem Schreiben heißt es, dass auf der Basis des Beschlusses des Kreistages vom 22.07.2016 im Rahmen der interkommunalen Zusammenarbeit mit der Stadt ### die Kommunalisierung der Abfallwirtschaft beabsichtigt sei.

Da die Antragstellerin keine Reaktion auf ihr Schreiben vom 27.06.2017 erhalten habe, erbat sie schriftlich am 28.08.2017 eine Stellungnahme des Antragsgegners zur beabsichtigten Leistungserbringung durch die Beigeladene und rügte diese Absicht erneut als rechtswidrig.

Mit Schreiben vom 05.09.2017 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, nach der Kreistagssitzung am 04.09.2017 läge nunmehr ein unterschriftsreifer Vertrag vor und wies darauf hin, dass es sich um eine vergaberechtsfreie interkommunale Zusammenarbeit handele. Sollte durch eine rechtsverbindliche Entscheidung festgestellt werden, dass dies nicht der Fall wäre, verbliebe es bei der Grundsatzentscheidung des Kreistags, die Kommunalisierung der Abfallsammlung durch den eigenen Fuhrpark des Abfallwirtschaftsbetriebs durchzuführen. Das Schreiben vom 19.07.2017 fügte er als Anlage an.

Mit Schreiben vom 22.09.2017 rügte die Antragstellerin erneut den beabsichtigten Vertragsabschluss und bat um Abhilfe. Es läge kein Fall der interkommunalen Zusammenarbeit vor.

Mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten stellte die Antragstellerin am 25.09.2017 einen Antrag auf Vergabenachprüfung bei der erkennenden Vergabekammer. Dieser Antrag wurde dem Antragsgegner am gleichen Tag zugestellt.

Mit Beschluss vom 12.10.2017 wurde die Stadt ### dem Verfahren beigeladen. Der Antragstellerin wurde Akteneinsicht gem. § 165 GWB gewährt. Die Frist zur Entscheidung wurde in der mündlichen Verhandlung am 9.11.2017 gem. § 167 Abs. 1 GWB bis zum 11.12.2017 verlängert.

Die Antragstellerin ist der Auffassung, das Verfahren richte sich nach dem bis zum 18.04.2016 geltenden Recht. Der Antragsgegner habe bereits am 30.11.2015 die Kommunalisierung der Abfallwirtschaft und die Einbeziehung der Beigeladenen beschlossen. Es hätten im März 2016 auch Gespräche zwischen Antragsgegner und der Beigeladenen stattgefunden, bei denen die Beigeladene aufgefordert worden sei, ein detailliertes Angebot für ihre Leistungen abzugeben.

Die Antragstellerin sei antragsbefugt, da sie ein Interesse an der Leistungserbringung kenntlich gemacht habe. Soweit eine wettbewerbliche Vergabe der Leistungen unterbliebe, erhielte sie keine Chance, sich um den Auftrag zu bemühen. Damit drohe ihr ein Schaden. Daran ändere auch die Äußerung des Antragsgegners nichts, wonach im Falle des Scheiterns der interkommunalen Zusammenarbeit eine Eigenerledigung erfolgen würde.

Obgleich eine Rügeobliegenheit aufgrund der drohenden de-facto-Vergabe nicht bestünde, habe die Antragstellerin mit Schreiben vom 27.06.2017, 28.08.2017 und 22.09.2017 die beabsichtigte Vergabe an die Beigeladene gerügt. Das Schreiben des Antragsgegners vom 05.09.2017 sei der Antragstellerin am 12.09.2017 zugegangen. Eine Rügepräklusion läge nicht vor, der Nachprüfungsantrag sei rechtzeitig gestellt.

Der Antrag sei auch begründet, da der abzuschließende Vertrag ein öffentlicher Auftrag im Sinne des vierten Teils des GWB sei. Es handele sich um die Vergabe eines Dienstleistungsauftrags gegen Entgelt durch einen öffentlichen Auftraggeber. Dass der zukünftige Auftragnehmer selber auch ein öffentlicher Auftraggeber ist, sei unerheblich.

Des Weiteren läge die besondere Ausnahme vom Anwendungsbereich des Vergaberechts, die interkommunale Zusammenarbeit, nicht vor. Der Antragsgegner habe für sein Gebiet allein die Funktion des öffentlichen-rechtlichen Entsorgungsträgers inne. Daher diene die Kooperation ausschließlich der Erfüllung von Aufgaben, die dem Antragsgegner und nicht der Beigeladenen obliegen würden. Daher fehle es auch an der Verfolgung eines gemeinsamen Zieles.

Es handele sich um eine klassische Beschaffungssituation im Sinne von „Leistung gegen Gegenleistung“. Die Beigeladene hafte wie ein privates Unternehmen, dem Antragsgegner stünden bei Pflichtverletzungen Kündigungsrechte zu. Ein Zusammenwirken auf horizontaler Ebene fände nicht statt, so dass es an dem erforderlichen kooperativen Konzept fehle. Es reiche auch nicht aus, dass ein Kooperationspartner allein einen finanziellen Beitrag zahle.

Die Antragstellerin beantragt:

1. Dem Antragsgegner wird untersagt, die im öffentlich-rechtlichen Vertrag über die Zusammenarbeit zur Wahrnehmung kreislaufwirtschaftlicher Aufgaben im Gebiet der Stadt ### umschriebenen Dienstleistungen der Sammlung von Restabfall, Bioabfall und Papier, Pappe und Kartonagen ohne förmliches Vergabeverfahren an eine natürliche oder von ihm personenverschiedene, nicht unter § 108 Abs. 1 – 4 GWB fallende juristische Person zu vergeben.

2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung aufgewandten Kosten der Antragstellerin. Die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten durch die Antragstellerin wird für notwendig erklärt.

Der Antragsgegner beantragt,

1. den Nachprüfungsantrag als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise den

Nachprüfungsantrag als unbegründet zurückzuweisen;

2. der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Antragsgegners aufzuerlegen;

3. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für den Antragsgegner für notwendig zu erklären.

Die Beigeladene beantragt,

1. den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen;

2. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für die Beigeladene für notwendig zu erklären.

Der Antragsgegner ist der Auffassung, das Verfahren richte sich nach dem seit dem 18.04.2016 anzuwendenden Recht, da die Gespräche des Antragsgegners im März 2016 mit der Beigeladenen nicht konkret auf den Abschluss eines Vertrages gerichtet gewesen seien. Es habe sich im Sinne einer Markterkundung lediglich um ein Ausloten der rechtlichen und wirtschaftlichen Möglichkeiten gehandelt. Dem stünde nicht entgegen, dass die Beigeladene damals aufgefordert worden sei, ein Angebot abzugeben. Es sei darüber hinaus zu diesem Zeitpunkt noch völlig offen gewesen, ob auf dem Gebiet der Stadt eine interkommunale Zusammenarbeit zum Tragen käme.

Der Antrag sei unzulässig, da die Frist des § 160 Abs. 3 Nr. 4 GWB abgelaufen sei. Mit Schreiben vom 19.07.2017 habe der Antragsgegner mitgeteilt, der Rüge vom 27.06.2017 nicht abhelfen zu wollen. Der Nachprüfungsantrag sei aber erst am 25.09.2017 eingereicht worden. Es habe auch eine Rügeobliegenheit bestanden, da der Vertrag noch nicht geschlossen worden sei.

Die Antragstellerin könne keinen Schaden darlegen, da es im Falle des Scheiterns der interkommunalen Zusammenarbeit nicht zu einem Vergabeverfahren kommen werde. Der Kreistag habe insoweit die Kommunalisierung der Sammelleistungen beschlossen und damit klargestellt, dass es nachfolgend nicht zu einer Ausschreibung kommen könne.

Die Voraussetzungen für eine interkommunale Zusammenarbeit lägen vor. Voraussetzung sei es nicht, dass eine Aufgabenidentität bestünde. Es müsse sich aber um eine Zusammenarbeit handeln, um sicher zu stellen, dass gemeinsame Ziele erreicht würden. Das gemeinsame Ziel sei es, im gesamten Landkreis eine bestmögliche Kreislaufwirtschaft zu gewährleisten. Ein weiteres gemeinsames Ziel läge in der Optimierung der Gesamterfassungssituation in Stadt und Landkreis gem. Ziffer 5.1 der Anlage 1 zur öffentlich-rechtlichen Vereinbarung.

Das erforderliche kooperative Konzept könne auch vorliegen bei einem reinen Leistungsbezug gegen Kostenerstattung. Ausreichend sei es, wenn eine juristische Person ihre Mittel zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe auch anderen juristischen Personen, die inhaltlich dieselbe öffentliche Aufgabe zu erfüllen habe, gegen eine reine Kostenerstattung zur Verfügung stellen würde.

Für die Frage, ob beide Kooperationspartner einen Beitrag zur Erreichung des gemeinsamen Ziels beitragen, sei auf das gemeinsame Ziel abzustellen, also die Gewährleistung einer bestmöglichen Kreislaufwirtschaft im Gebiet des Antragsgegners. Dieses Ziel wollten die Kooperationspartner dadurch erreichen, dass sie sich das Kreisgebiet aufteilen, indem die Beigeladene die im Hinblick auf den sog. „Full-Service“ individuell anders gestalteten Leistungen in der Stadt und der Antragsgegner die Leistungen im übrigen Kreisgebiet erbringen würde.

Es sei eine reine Selbstkostenerstattung vereinbart, so dass die Vereinbarung ausschließlich im öffentlichen Interesse geschlossen werden solle. Da schließlich weder der Antragsgegner noch die Beigeladene abfalllogistische Leistungen für Dritte auf dem Markt erbringen würden, sei die Voraussetzung des § 108 Abs. 6 Nr. 3 GWB ebenfalls erfüllt.

Die Beigeladene ist der Auffassung, bei dem Vertrag handele es sich um einen „innerkommunalen“ Vorgang der Verwaltungsorganisation, der der Anwendung des Vergaberechts entzogen sei. Selbst wenn man den Anwendungsbereich des Vergaberechts für eröffnet sehen würde, handele es sich um eine zulässige interkommunale Zusammenarbeit gem. § 108 Abs. 6 GWB.

Gemeinsames Ziel sei dabei neben dem Sammeln der Abfälle auch die Umsetzung eines gemeinsamen Abfallkonzepts. Dieses Konzept sähe in seiner Hauptsache eine Rekommunalisierung der Abfallbeseitigung vor. Auch die Vorschriften des rheinlandpfälzischen Kreislaufwirtschaftsgesetzes sollten gemeinsam umgesetzt werden, da § 1 LKrWG Gemeinden und Landkreise gemeinsam in die Pflicht nähme.

Der Vertrag sähe nicht einen reinen Austausch von Leistung gegen Geld vor. Der Antragsgegner stelle für die Leistungen der Beigeladenen die Abfallsammelfahrzeuge leihweise zur Verfügung und sei für die Abfallbehälter zuständig. Vereinbart seien daher eine enge Zusammenarbeit, Kommunikation und Kooperation, die über eine reine Kostenerstattung hinausginge. Die Vereinbarung von Rechten und Pflichten in dem Vertrag sei schließlich Ausdruck einer Beziehung auf Augenhöhe und damit eines Zusammenwirkens auf horizontaler Ebene.

In der mündlichen Verhandlung, die am 09.11.2017 stattfand, wies die Vergabekammer darauf hin, dass das Vorliegen der Voraussetzungen des § 108 Abs. 6 Nr. 3 GWB bislang nicht Gegenstand der Ausführungen der Verfahrensbeteiligten gewesen sei. Das Vorliegen der Voraussetzungen sei fraglich, da die Beigeladene in ihrem Stadtgebiet in den letzten Jahren Entsorgungsleistungen durchgeführt hat als Nachunternehmer für das private Entsorgungsunternehmen, das durch den Antragsgegner für seinen Zuständigkeitsbereich beauftragt war. Auch für das Jahr 2018 sei vorgesehen, dass die Stadt weiterhin die Sammlung der Abfallfraktionen Restmüll und Biomüll für das private Entsorgungsunternehmen durchführt.

Den Verfahrensbeteiligten wurde daraufhin die Möglichkeit eingeräumt, zu diesem Aspekt noch vorzutragen. Die Beteiligten stimmten ferner einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren nach Lage der Akten gem. § 166 Abs. 1 Satz 3 GWB nach Eingang der nachgelassenen Schriftsätze zu.

Mit Schriftsatz vom 15.11.2017 trägt die Beigeladene trägt vor, das Verfahren sei nach der Rechtslage zu entscheiden, die bis zum 18.04.2016 gegolten habe.

Die Beigeladene habe im Bereich Abfallentsorgung folgende Umsätze (Angaben netto ohne Umsatzsteuer) erzielt:

Hausmüll (Bio und Rest)

2015: 500.000,00 Euro

2016: 500.000,04 Euro

2017: 375.000,38 Euro

Papier, Pappe, Kartonage

2015: 130.000,00 Euro

2016: 130.000,08 Euro

2017; 108.332,60 Euro

Summe

2015: 630.000,00 Euro

2016: 630.000,12 Euro

2017: 483.332,98 Euro

Gesamtumsatz des Bauhofs

2015: 7.413.539,71 Euro

2016: 7.536.802,32 Euro

2017: 6.604.916,67 Euro

Die Voraussetzungen des § 108 Abs. 6 Nr. 3 GWB lägen vor, da die erbrachten Leistungen im Bereich von Hausmüll und der PPK-Fraktion im Verhältnis zum Gesamtumsatz des Bauhofs 2015 bei 8,50 %, 2016 bei 8,36 % und 2017 bislang bei 7,32 % gelegen habe. Die Schwelle in Höhe von 20 % sei damit eingehalten.

Die Grenze von 20 % beziehe sich auf einen externen Drittmarkt. Dieser sei im Verhältnis Antragsgegner – Beigeladene jedoch nicht gegeben, da beide im Rahmen der ihnen obliegenden Aufgaben kooperativ tätig würden.

Für das Jahr 2018 sei eine Kooperation für die Entsorgung der PPK-Fraktion vorgesehen. Zum Ausgleich der hierfür entstehenden Personalkosten solle die Beigeladene von dem Antragsgegner 95.000 Euro erhalten. Dies entspräche angesichts des auf die übrigen Abfallkomponenten des Hausmülls entfallenden Betrages von 500.000 Euro einem Anteil von unter 20 %.

Im Hinblick auf § 108 Abs. 6 Nr. 1 GWB habe die Beigeladene gem. § 16 Abs. 3 LKrWG Aufgaben im Abfallbereich. Schließlich habe die Beigeladene als anerkanntes Heilbad im Sinne des Landesgesetzes über die Anerkennung von Kurorten und Erholungsorten (Kurortegesetz) gem. § 2 Abs. 1 Nr. 5 Kurortegesetz für einen dem Kurbetrieb entsprechenden Ortscharakter zu sorgen.

Die Antragstellerin trägt abschließend vor, im bisherigen Verfahren sei die Beigeladene wie der Antragsgegner davon ausgegangen, dass das nach dem 18.04.2016 gültige Recht Anwendung finden müsse.

Sowohl Art. 12 Abs. 4 lit. c) RL 2014/24/EU als auch § 108 Abs. 6 Nr. 3 GWB sei hinsichtlich der relevanten Tätigkeit zu entnehmen, dass es auf diejenigen Tätigkeiten ankäme, die durch die Zusammenarbeit im Sinne von Art. 12 Abs. 4 lit. a) RL 2014/24/EU bzw. § 108 Abs. 6 Nr. 1 GWB erfasst seien. Nach den Ausführungen der Beigeladenen würde diese deutlich mehr als 20 % der von der Zusammenarbeit betroffenen Tätigkeiten am Markt im Auftrag des privaten Entsorgungsunternehmens erbringen.

Der Vertrag diene nicht der Wahrnehmung einer dem Antragsgegner und der Beigeladenen gleichermaßen obliegenden Aufgabe. Eine Verpflichtung aus § 16 Abs. 3 LKrWG der Beigeladenen entspringe nicht ihrer Zuständigkeit als öffentlichrechtlicher Entsorgungsträger. Der Vereinbarung sei auch an keiner Stelle zu entnehmen, dass diese Zielen diene, die die Beigeladene verfolge.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die Vergabeakten, die der Vergabekammer vorliegen, verwiesen.

II.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig und begründet.

1. Das Verfahren richtet sich nach dem ab dem 18.04.2016 anzuwendenden Recht.

2. Vergabeverfahren, die vor dem 18.04.2016 begonnen haben, einschließlich der sich an diese anschließenden Nachprüfungsverfahren werden gem. § 186 Abs. 2 GWB (n.F.) nach dem Recht zu Ende geführt, das zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens galt.

3. Für die Frage, ob ein Vergabeverfahren begonnen hat, ist auf ein materielles Verständnis abzustellen (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 30.10.2014, 13 Verg 8/14; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.07.2013, VII Verg 10/13; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.10.2008, Verg 35/08). Dafür, dass ein Vergabeverfahren im materiellen Sinne begonnen hat, müssen zwei Elemente kumulativ vorliegen. Der öffentliche Auftraggeber muss sich einerseits verbindlich intern entschlossen haben, einen (gegenwärtigen oder zukünftigen) Bedarf nicht durch Eigenleistung, sondern durch Beschaffen von Lieferungen und Leistungen als Nachfrager am Markt zu decken. Andererseits muss der Auftraggeber darüber hinaus zweckbestimmt äußerlich wahrnehmbar Anstalten getroffen haben, den Auftragnehmer mit dem Ziel eines Vertragsschlusses auszuwählen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.10.2014, Verg 26/14; OLG Celle, Beschluss vom 30.10.2014, 13 Verg 8/14; VK Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 14.12.2015, VK 1 – 14/15; Beschluss vom 30.07.2014, VK 1 – 16/14; Dicks in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht Kommentar, 2011, § 107 Rn. 3).

Nach außen wahrnehmbare Maßnahmen zur Ermittlung des Vertragspartners können z.B. die Einholung eines Angebots, das Führen von Bietergesprächen und das Werten von eingegangenen Angeboten sein (OLG Celle, Beschluss vom 30.10.2014, 13 Verg 8/14). Vorstudien des Marktes (OLG Celle, a.a.O.), Dokumente und Arbeitsunterlagen, die Vergabeentscheidungen erst vorbereiten, sowie Ankündigungen und Absichtserklärungen im Vorfeld von Ausschreibungen sind grundsätzlich nicht überprüfbar (VK Rheinland-Pfalz, a.a.O.).

4. Unstreitig hat hier der Antragsgegner im März 2016 Gespräche mit der Beigeladenen über eine mögliche zukünftige Zusammenarbeit bei der Abfallentsorgung geführt. In diesem Zusammenhang hat der Antragsgegner die Beigeladene auch aufgefordert, ein diesbezügliches Angebot zu unterbreiten.

5. Ginge es im vorliegenden Fall um einen „gewöhnlichen“ Beschaffungsvorgang, bei dem ein öffentlicher Auftraggeber einen erkannten eigenen Bedarf durch Beschaffen von Lieferungen und Leistungen als Nachfrager am Markt decken wollte, wäre die Aufforderung, ein Angebot abzugeben, für den Beginn des materiellen Vergabeverfahrens wohl maßgeblich. Denn üblicherweise entscheidet sich ein öffentlicher Auftraggeber zunächst, die Leistungen am Markt zu beschaffen, um diese Entscheidung dann erst nach außen wahrnehmbar umzusetzen. In diesem Sinne hat die Rechtsprechung vielfach angenommen, dass die nach außen wahrnehmbare Handlung des Auftraggebers den Beginn des Vergabeverfahrens markiert.

6. Vorliegend hat aber der Antragsgegner in seinen schriftlichen Äußerungen – ebenso die Beigeladene bis zu ihrem nachgelassenen Schriftsatz nach der mündlichen Verhandlung – wie auch in der mündlichen Verhandlung betont, dass mit dem Kreistagsbeschluss vom 30.11.2015 keine verbindliche Entscheidung über eine Kommunalisierung der Müllabfuhr im Landkreis unter Einbeziehung der Beigeladenen getroffen wurde. Der Kreistag habe nach den Ausführungen des 1. Kreisbeigeordneten in der mündlichen Verhandlung vielmehr der Kreisverwaltung lediglich den Auftrag erteilt, ein wirtschaftlich tragfähiges Konzept zur Kommunalisierung unter Einbeziehung der Beigeladenen zu erstellen. Dieses habe sodann in Abstimmung mit der Beigeladenen durch die Kreisverwaltung erarbeitet werden müssen, in diesem Zusammenhang seien Gespräche geführt und die Beigeladene aufgefordert worden, ein Angebot abzugeben. Dabei habe aber keinesfalls bereits festgestanden, dass die Kommunalisierung unter Einbeziehung der Beigeladenen erfolgen würde. Es sei klar gewesen, dass hierzu ein separater Kreistagsbeschluss erforderlich sein würde.

7. Die Vergabekammer ist der Auffassung, dass insbesondere nach den nachvollziehbaren und eindeutigen Erläuterung des 1. Kreisbeigeordneten des Antragsgegners in der mündlichen Verhandlung der für den Beginn des materiellen Vergabeverfahrens ebenfalls vorausgesetzte interne verbindliche Beschaffungsbeschluss vor dem 18.04.2016 noch nicht vorlag.

8. Der Kreistagsbeschluss vom 30.11.2015 lautet:

„Der Kreistag spricht sich für die Kommunalisierung der Müllabfuhr aus. Der Kreistag beauftragt die Verwaltung, ein wirtschaftlich tragfähiges Konzept zur Kommunalisierung zur erstellen, unter Einbeziehung der Stadt ###“.

Dieser Beschluss beinhaltet demnach einerseits eine (politische) Willensbekundung für eine Kommunalisierung, andererseits tatsächlich einen Prüfauftrag an die Verwaltung ein Konzept zu erstellen, dass die Beigeladene einbezieht. Es ist auch aus dem in den Vergabeakten enthaltenen Protokoll der Kreistagssitzung vom 30.11.2015 nicht ersichtlich, dass mit diesem Beschluss der Kreistag eine abschließende Entscheidung über die hier streitgegenständliche Einbeziehung der Beigeladenen treffen wollte.

Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass diese für den Antragsgegner wichtige kommunalpolitische Entscheidung nicht durch den Kreistag selbst getroffen werden sollte. Insofern sind die Ausführungen des 1. Kreisbeigeordneten in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar, dass für den verbindlichen internen Beschaffungsbeschluss ein weiterer Kreistagsbeschluss nach dem 30.11.2015 erforderlich war.

9. Am 11.07.2016 hat der Kreistag dann erneut die Kommunalisierung unter Einbeziehung der Beigeladenen beraten. Er fasste folgenden Beschluss:

„a) Die Kommunalisierung der Müllabfuhr unter Einbeziehung der Stadt ### wird beschlossen. Die noch offene Frage der Umsatzsteuer ist bis zum Vertragsschluss zu klären. b) Die Verwaltung wird ermächtigt, die Ausschreibung der benötigten Fahrzeuge durchzuführen.“

Mit diesem Beschluss hat der Kreistag als das zuständige Organ des Antragsgegners den internen Beschaffungsbeschluss getroffen. Somit liegt erst mit diesem Beschluss auch die zweite Voraussetzung für den Beginn eines Vergabeverfahrens im materiellen Sinne vor.

Zwar heißt es in der Präambel der in Rede stehenden Vereinbarung, dass der Landkreis im Jahre 2015 beschlossen habe, nach dem Auslaufen der Verträge mit privaten Entsorgungsunternehmen diverse logistische Leistungen der Abfallwirtschaft in Eigenregie zu erbringen. Dies ist jedoch als redaktionelles Versehen zu bewerten, da wie dargestellt die eigentliche Beschlussfassung des Landkreises erst mit der Kreistagssitzung am 11.07.2016 erfolgt ist.

Das Vergabeverfahren im materiellen Sinne hat folglich erst nach dem 18.04.2016 begonnen, so dass das ab diesem Zeitpunkt anzuwendende Recht maßgeblich ist.

10. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.

11. Die angerufene Vergabekammer ist für die Entscheidung über den Nachprüfungsantrag gemäß §§ 156 Abs. 1 GWB zuständig, da der ausgeschriebene Auftrag dem Land Rheinland-Pfalz zuzurechnen ist. Bei dem Antragsgegner, einem Landkreis, handelt es sich um einen öffentlichen Auftraggeber nach §§ 98, 99 Nr. 1 GWB (vgl. Zeiss in: jurisPK-Vergaberecht, 5. Aufl. 2016, § 99 GWB Rn. 11). Der in § 106 Abs. 1 und 2 GWB, § 3 VgV in Verbindung mit Art. 4 RL 2014/24/EU ausgewiesene EU-Schwellenwert wird deutlich überschritten.

12. Bei dem in Frage stehenden Vergabevorgang handelt es sich um einen statthaften Verfahrensgegenstand. Eine Vergabekammer ist nur und ausschließlich zur Überprüfung eines öffentlichen Auftrags befugt (Diemon-Wies in: MüllerWrede, GWB Vergaberecht Kommentar, § 155 Rn. 20).

13. Der in Frage stehende Vertrag erfüllt die Voraussetzungen eines öffentlichen Auftrags gem. § 103 Abs. 1 und 4 GWB. Öffentliche Aufträge sind entgeltliche Verträge zwischen öffentlichen Auftraggebern und Unternehmen über die Beschaffung von Leistungen, die unter anderem die Erbringung von Dienstleistungen zum Gegenstand haben.

Vorliegend beabsichtigt ein öffentlicher Auftraggeber eine ihm gesetzlich übertragene Aufgabe nicht selbst zu erfüllen, sondern die sich daraus ergebende Dienstleistung von einer von ihm personenverschiedenen und unabhängigen juristischen Person erledigen zu lassen, die als Gegenleistung hierfür ein Entgelt erhält.

Da es sich bei dem Antragsgegner und der Beigeladene nicht um ein und dieselbe juristische Person handelt, handelt es sich entgegen der Auffassung der Beigeladenen nicht um einen rein innerkommunalen Vorgang der Verwaltungsorganisation, der der Anwendung des Vergaberechts entzogen wäre.

14. Der Annahme eines Auftrages im Sinne des § 103 GWB steht dabei nicht entgegen, dass der Vertrag über die geplante Zusammenarbeit öffentlich-rechtlicher Natur und der Ausführende seinerseits öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 99 Nr. 1 GWB ist. Auch ist nicht erheblich, ob die Gegenleistung des Antragsgegners kostendeckend oder gar gewinnbringend ist (vgl. EuGH, Urteil vom 13.06.2013, C-386/11, Piepenbrock; Urteil vom 19.12.2012, C-159/11, Lecce; OLG Koblenz, Beschluss vom 03.12.2014, Verg 8/14).

15. Der Statthaftigkeit des Antrags steht auch nicht entgegen, dass hier eine drohende De-facto-Vergabe durch die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren angegriffen wird. Ein Nachprüfungsverfahren kann mit dem Ziel geführt werden, einen bevorstehenden Vertragsschluss in einem Verfahren ohne Beteiligungsmöglichkeit für den Antragsteller zu verhindern (OLG Koblenz, Beschluss vom 03.12.2014, Verg 8/14). Der Vertragsschluss bzw. die tatsächliche De-facto-Vergabe muss nicht abgewartet werden (VK Bund, Beschluss vom 18.02.2016, VK 2-137/15).

Voraussetzung für die Statthaftigkeit des Antrags ist, dass das Vergabeverfahren im materiellen Sinne begonnen hat (OLG Koblenz, a.a.O.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.10.2008, VII-Verg 35/08; VK Bund, a.a.O.). Da mittlerweile aber unstreitig auch der Beschaffungsbeschluss getroffen wurde, liegt diese Voraussetzung für die Statthaftigkeit der Nachprüfung einer drohenden defacto-Vergabe vor.

16. Die Statthaftigkeit des Antrags setzt schließlich voraus, dass keine Bereichsausnahme vorliegt, aufgrund derer ein Vertrag nicht der Anwendung des 4. Teils des GWB unterläge (vgl. auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.11.2012, VII-Verg 69/1; Beschluss vom 06.07.2011, VII-Verg 39/11; Diemon-Wies in: MüllerWrede, GWB Vergaberecht Kommentar, § 155 Rn. 23).

17. § 108 regelt erstmals den Bereich der von der Anwendung des Vergaberechts ausgenommenen öffentlich-öffentlichen Zusammenarbeit. Damit soll nunmehr Klarheit geschaffen werden, unter welchen Voraussetzungen zwischen öffentlichen Auftraggebern geschlossene Verträge von der Anwendung des 4. Teils des GWB ausgenommen sind (Gesetzesbegründung zu § 108 GWB, S. 79, BTDrs. 18/6281). Es handelt sich daher wie bei § 107 und § 109 GWB um eine Bereichsausnahme, so dass die Voraussetzungen des § 108 GWB im Rahmen der Zulässigkeit zu prüfen sind.

18. Unstreitig liegen die Voraussetzungen einer vertikalen Zusammenarbeit (Inhouse-Geschäft) gem. § 108 Abs. 1 – 5 GWB nicht vor.

19. Im Streit steht hier die Frage, ob die Voraussetzungen einer sog. interkommunalen Zusammenarbeit nach § 108 Abs. 6 GWB erfüllt sind.

Nach § 108 Abs. 6 GWB ist der 4. Teil des GWB nicht anzuwenden und es besteht demzufolge keine Verpflichtung zu einer vorherigen Bekanntmachung bei Verträgen, die zwischen zwei oder mehreren öffentlichen Auftraggebern im Sinne des § 99 Nummer 1 bis 3 geschlossen werden, wenn

1. der Vertrag eine Zusammenarbeit zwischen den beteiligten öffentlichen Auftraggebern begründet oder erfüllt, um sicherzustellen, dass die von ihnen zu erbringenden öffentlichen Dienstleistungen im Hinblick auf die Erreichung gemeinsamer Ziele ausgeführt werden,

2. die Durchführung der Zusammenarbeit nach Nummer 1 ausschließlich durch Überlegungen im Zusammenhang mit dem öffentlichen Interesse bestimmt wird und

3. die öffentlichen Auftraggeber auf dem Markt weniger als 20 Prozent der Tätigkeiten erbringen, die durch die Zusammenarbeit nach Nummer 1 erfasst sind.

20. Somit setzt § 108 Abs. 6 GWB den Art. 12 Abs. 4 RL 2014/24/EU um, der seinerseits auf der Rechtsprechung des EuGH beruht (EuGH, Urteil vom 09.06.2009, C-480/06, Stadtreinigung Hamburg; Urteil vom 19.12.2012, C-159/11, Lecce; Urteil vom 13.06.2013, C-386/11, Piepenbrock; Gurlit in: Burgi/Dreher, Vergaberecht GBW 4. Teil, 3. Aufl. 2017, § 108 Rn. 35).

21. Nach Auffassung der Vergabekammer liegen die Voraussetzungen einer interkommunalen Zusammenarbeit nicht vor.

22. Die geplante Vereinbarung erfüllt zum einen nicht die Voraussetzungen des § 108 Abs. 6 Nr. 1 GWB, denn es fehlt an dem Merkmal einer von „ihnen zu erbringenden öffentlichen Dienstleistung“.

23. Die an der Vereinbarung beteiligten Parteien sind als Landkreis und Stadt Gebietskörperschaften und damit öffentliche Auftraggeber nach § 99 Nr. 1 GWB. Dabei ist es für § 108 Abs. 6 GWB unerheblich, ob die Zusammenarbeit wie hier auf öffentlich-rechtlicher Grundlage oder auf privatrechtlicher Grundlage beruht (Portz, in Kulartz/Kus/Portz/Prieß, Kommentar zum GWB Vergaberecht, § 108 Rn. 220).

24. Auch das Erfordernis einer Zusammenarbeit bzw. eines kooperativen Konzepts ist erfüllt.

Die vertragliche Zusammenarbeit setzt zwar nicht voraus, dass alle an der Kooperation beteiligten öffentlichen Auftraggeber in gleichem Umfang zur Erbringung der Dienstleistung beitragen müssten. Notwendig ist insofern aber ein kooperatives Konzept (OLG Naumburg, 17.03.2017, 7 Verg 8/16; Webeler in: jurisPK-VergabeR, 5. Aufl., 2016, § 108 GWB Rn. 68). Es reicht im Allgemeinen aus, dass jeder Kooperationsbeteiligte überhaupt einen Beitrag zur gemeinsamen Ausführung der Dienstleistung erbringt (OLG Naumburg, a.a.O.; vgl. Portz in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, Kommentar zum GWB Vergaberecht, 4. Aufl. 2016, § 108 Rn. 230).

Ob für die insoweit erforderliche Zusammenarbeit auch bereits eine bloße Leistung eines Beteiligten gegen Bezahlung ausreicht (vgl. Portz, a.a.O. Rn 240 ff.) oder ob insoweit darüber hinausgehend schon begrifflich ein bewusstes Zusammenwirken bei der Verrichtung einer Tätigkeit zur Erreichung eines gemeinsamen Ziels erforderlich ist (in diesem Sinne OLG Naumburg, a.a.O.; OLG Koblenz, Beschluss vom 03.12.2014, Verg 8/14; von Engelhardt/Kaelble in: Müller-Wrede, GWB Vergaberecht Kommentar, § 108 Rn. 84), kann hier offen bleiben.

Denn nach Auffassung der Kammer liegt ein kooperatives Konzept vor, das beiden Beteiligten konkrete Handlungspflichten und Zuständigkeiten zuweist. Der Antragsgegner bezahlt nach der vorgesehenen Vereinbarung nicht lediglich die Leistungen der Beigeladenen, sondern würde sich nach Ziffer 1 der Anlage 7 (Vertrag über die Leihe von Abfallsammelfahrzeugen) verpflichten, in Eigenregie die notwendigen Abfallsammelfahrzeuge zu beschaffen, diese der Beigeladenen kostenfrei zur Verfügung zu stellen, die Versicherungs- und Betriebskosten der Fahrzeuge zu übernehmen und auch die erforderlichen Kraftstoffe auf der Tankanlage seines Abfallwirtschaftsbetriebes bereit zu stellen.

Weiterhin wäre der Antragsgegner gem. Ziffer 11 der Anlage 1 verpflichtet, die Abfallbehälter vorzuhalten und für das Behältermanagement zu sorgen.

Stellt daher der Antragsgegner nach der geplanten Vereinbarung im Rahmen der Abfallsammlung die Behälter sowie die Abfallsammelfahrzeuge, handelt es sich nach Auffassung der Kammer um ein kooperatives Konzept und nicht um eine bloße Leistung der Beigeladenen gegen Entgelt.

25. Gegenstand der Kooperation im Sinne des § 108 Abs. 6 Nr. 1 GWB müssen weiterhin öffentliche Dienstleistungen sein (Gurlit in: Burgi/Dreher, a.a.O., Rn. 37; Engelhardt/Kaelble, a.a.O., Rn. 79). Da es hier um das Einsammeln und den Transport der Abfälle zur Abladestation des Antragsgegners geht, handelt es sich um eine öffentliche Aufgabe.

Es stellt sich insoweit nicht das Problem, ob bloße Hilfsleistungen, die wiederum die Erbringung öffentlicher Aufgaben sicherstellen sollen, ebenfalls Gegenstand oder Teil einer kommunalen Zusammenarbeit sein können (vgl. EuGH, Urteil vom 13.06.2013, C-386/11, Piepenbrock; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06.11.2013, VII-Verg 39/11; vgl. Gurlit, a.a.O., Rn. 37; Engelhardt/Kaelble, a.a.O., Rn. 79). Denn vorliegend geht es um einen zentralen Bestandteil der Abfallentsorgung, nämlich das Einsammeln und Abtransportieren des Abfalls. Eine Hilfstätigkeit ist darin nicht zu sehen.

26. Es fehlt aber im Hinblick auf § 108 Abs. 6 Nr. 1 GWB an dem Erfordernis der Zielidentität.

27. Das nach § 108 Abs. 6 Nr. 1 GWB vorausgesetzte Kriterium der Zielidentität ist erfüllt, wenn sich die Zusammenarbeit auf die Wahrnehmung einer allen in einem Kooperationsvertrag verbundenen öffentlichen Auftraggebern gleichermaßen obliegenden öffentlichen Aufgabe bezieht (OLG Naumburg, Beschluss vom 17.03.2017, 7 Verg 8/16; vgl. auch Portz, a.a.O., Rn 222; Gurlit, a.a.O., Rn. 38; Webeler in: jurisPK-VergabeR, 5. Aufl., 2016, § 108 GWB Rn. 68; von Engelhardt/Kaelble in: Müller-Wrede, GWB Vergaberecht Kommentar, § 108 Rn. 79; Ziekow, Inhouse-Geschäft und öffentlich-öffentliche Kooperationen: Neues vom europäischen Vergaberecht?, in NZBau 2015, 258 (263); Krönke, Das neue Vergaberecht aus verwaltungsrechtlicher Perspektive, in NVwZ, 2016, 568 (573)). Somit ist keine Zielidentität gegeben bei Aufgaben, die nur einem der beteiligten Auftraggeber obliegen (von Engelhardt/Kaelble, a.a.O., § 108 Rn. 79, mit Hinweis auf OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7.11.2012, VII-Verg 69/11; Gurlit, a.a.O., Rn. 37).

28. Der Antragsgegner ist als Landkreis für die in seinem Gebiet angefallenen und ihm zu überlassenen Abfälle öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Landeskreislaufwirtschaftsgesetz Rheinland-Pfalz (LKrWG). Er erfüllt die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers als Pflichtaufgaben der kommunalen Selbstverwaltung. Diese Aufgabe bezieht sich auch auf das Stadtgebiet der Beigeladenen, einer kreisangehörige Stadt.

In den Vorbemerkungen des Vertragsentwurfs wird auf diese Aufgabe des Antragsgegners verwiesen und dargestellt, dass es in Rheinland-Pfalz Aufgabe der Landkreise sei, die Leistungen der Abfallentsorgung gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 LKrWG zu erbringen.

Weiter heißt es in den Vorbemerkungen, dass diese Aufgabe nach dem vorgesehenen Vertrag nicht auf die Beigeladene übertragen werden soll. Im Rahmen einer Eigenerbringung durch den Antragsgegner sollen lediglich in Form einer Aufgabenerfüllung (sog. mandatierende Aufgabeübertragung) durch die Beigeladene Leistungen der Abfallentsorgung auf ihrem Stadtgebiet für den Antragsgegner erbracht werden.

Auch aus Ziffer 9.3 des Vertrages ergibt sich, dass dem Landkreis die Aufgaben als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger obliegen. Dort wird geregelt, dass unter bestimmten Voraussetzungen der Antragsgegner Kündigungsrechte hat, wenn aufgrund von Verstößen gegen vertragliche Verpflichtungen der Beigeladenen „die dem Landkreis als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger obliegenden Pflichten nicht mehr ausreichend gewährleistet werden können“.

Insoweit wird durch den Vertrag selbst klargestellt, dass die Grundlage der hier in Rede stehenden Vereinbarungen die Zuständigkeit des Antragsgegners als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger gemäß § 3 Abs. 1 LKrWG ist. Diese Aufgabe obliegt lediglich dem Antragsgegner und nicht auch der Beigeladenen.

29. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners sowie der Beigeladenen liegt keine der Beigeladenen gleichermaßen obliegende Aufgabe im Hinblick auf die vertragsgegenständlichen Leistungen zur Abfallentsorgung vor.

30. Eine solche Aufgabe lässt sich nicht aus § 1 Abs. 1 und 2 LKrWG ableiten. Danach haben u.a. das Land, die Gemeinden und Landkreise zur Schonung der natürlichen Ressourcen sowie zum Schutz von Mensch, Umwelt und Klima vorbildlich zur Förderung der Kreislaufwirtschaft im Einklang mit der Abfallhierarchie nach § 6 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) beizutragen. Alle Beteiligten sollen nach Absatz 2 durch ihr Verhalten dazu beitragen, dass Abfälle möglichst vermieden und nicht vermiedene Abfälle im Einklang mit der Abfallhierarchie nach § 6 KrWG verwertet werden.

Diese Regelung verpflichtet die gesamte öffentliche Hand auf die Förderung der Kreislaufwirtschaft, weist den Gemeinden aber keine einem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger vergleichbare Aufgabe zu. § 1 Abs. 2 LKrWG appelliert an jeden einzelnen, das persönliche Verhalten im Sinne des Umweltschutzes zu optimieren. Die Vorschrift ist damit der gesetzgeberische Ausdruck der politischen Forderung, dass Umweltschutz jeden angehen müsse (Reis/Gottschling, Das Abfall- und Bodenschutzrecht in Rheinland-Pfalz, Kommentare zum Landesabfallwirtschafts- und zum Landesbodenschutzgesetz sowie Sammlung der abfallrechtlichen Vorschriften, Stand Mai 2016, § 1 LKrWG Rn. 6).

31. Auch aus § 4 Abs. 5 LKrWG ergibt sich keine gleichermaßen obliegende Aufgabe für die Beigeladene. Nach dieser Regelung unterstützen die Gemeinde- und Verbandsgemeindeverwaltungen die Landkreise bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zur Abfallentsorgung.

Zunächst verdeutlicht auch diese Regelung wieder, dass die Landkreise, bzw. kreisfreien Städte, die Aufgaben zur Abfallentsorgung haben. Den Gemeinden, nach dem Wortlaut des § 4 Abs. 5 LKrWG den Gemeindeverwaltungen, obliegt lediglich die Unterstützung der entsorgungspflichtigen Landkreise. Die Unterstützungshandlungen beschränken sich auf die verwaltungsmäßige Mitwirkung bei der Abfallentsorgung, eine Übertragung von Kompetenzen oder einzelnen Funktionen ist damit nicht verbunden (Reis/Gottschling, a.a.O., § 4 LKrWG Rn. 9). Wesentliche Unterstützungsleistungen sind die Zurverfügungstellung von Daten aus dem Einwohnermelderegister zur Durchsetzung des Anschluss- und Benutzungszwangs, die Beteiligung an der Erkundung geeigneter Standorte für die Abfallverwertungsanlagen oder Vollzugshilfen im Zusammenhang mit der Durchsetzung von Anordnungen aufgrund rechtswidrig entsorgter Abfälle (Reis/Gottschling, a.a.O., § 4 LKrWG Rn. 9).

Die Kommunen trifft daher nach § 4 Abs. 5 LKrWG nur eine ersichtlich untergeordnete Unterstützungspflicht, ein deutliches Minus zu den Pflichten der Landkreise als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger. Die mit der Vereinbarung konkret vorgesehen Tätigkeit der Beigeladenen stellt selbst keine lediglich verwaltungsmäßige Unterstützungsleistung dar. Die Beigeladene soll wie ein Dritter gem. § 22 KrWG mit der Erfüllung der dem Antragsgegner obliegenden Aufgabe beauftragt und entsprechend tätig werden. Dieser Umfang der Tätigkeit findet aber im § 4 Abs. 5 LKrWG keine Grundlage im Sinne einer gleichermaßen obliegenden Aufgabe.

32. Werden Abfälle rechtswidrig auf Grundstücken entsorgt, die im Eigentum oder im Besitz des Landes, kommunaler Gebietskörperschaften oder deren Verbände stehen, und kann die Person, die den Abfall gem. § 16 Abs. 1 LKrWG rechtswidrig entsorgt hat, nicht in Anspruch genommen werden, haben diese Körperschaften gemäß § 16 Abs. 3 LKrWG die Abfälle zusammenzutragen und dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nach dessen näheren Bestimmungen zu überlassen.

Kann der Handlungsstörer nicht verantwortlich gemacht werden, werden nach der Regelung des § 16 Abs. 3 LKrWG die Körperschaften anknüpfend an die Eigentümer- bzw. Besitzerstellung zur Sammlung illegal abgelagerter Abfälle und ihre Überlassung an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger verpflichtet (vgl. Reis/Gottschling, a.a.O., § 16 LKrWG Rn. 15 ff.).

Entgegen der Auffassung des Antragsgegners sowie der Beigeladenen ergibt sich auch hieraus keine gemeinsam obliegende Aufgabe. Die Verpflichtung der Normadressaten entspringt nicht ihrer Stellung bzw. Zuständigkeit als öffentlichrechtlicher Entsorgungsträger für diejenigen Abfälle, die Gegenstand der beabsichtigten öffentlich-rechtlichen Vereinbarung zwischen dem Antragsgegner und der Beigeladenen sind. Bei dieser geht es nach Ziffer 1 der Vereinbarung sowie der Anlage 1 Ziffer 1.1 (Abfallfraktionen) um die Sammlung von Restabfall, Bioabfall und PPK in Entsprechung der gesetzlichen Vorschriften und der jeweils gültigen kreislaufwirtschaftlichen Satzungen des Antragsgegners. Die Anlagen 2 – 4 verdeutlichen in der jeweiligen Ziffer 1 (Leistungsgegenstand), dass diejenigen Abfälle gesammelt werden sollen, die von den Haushalten und angeschlossenen Gewerbebetrieben in den dafür vorgesehenen, satzungsgemäßen Abfallsammelbehältern erfasst bzw. bei der PPK-Fraktion in zulässiger Weise beigestellt werden.

Daher betreffen die beabsichtigten vertragsgegenständlichen Leistungen nicht rechtswidrig entsorgte Abfälle, so dass auch aus § 16 Abs. 3 LKrWG keine Zielidentität abzuleiten ist.

33. Die staatliche Anerkennung als Kurort mit der Artbezeichnung Heilbad setzt u.a. einen dem Kurbetrieb entsprechenden Ortscharakter voraus, der auch durch die Bauleitplanung gesichert sein muss, § 2 Abs. 1 Nr. 5 Kurortegesetz RheinlandPfalz. Insbesondere der Verweis auf die Bauleitplanung zeigt, dass entgegen der Ansicht der Beigeladenen aus dieser Norm nicht eine gleichermaßen obliegende Aufgabe in Bezug auf die Abfallentsorgung abzuleiten ist.

34. Da folglich keine den im Kooperationsvertrag verbundenen öffentlichen Auftraggebern gleichermaßen obliegende öffentliche Aufgabe vorliegt, bezieht sich die Zusammenarbeit nicht auf die Wahrnehmung einer solchen gemeinsam obliegenden Aufgabe. Es fehlt daher an der Zielidentität.

Gleichfalls fehlt es dann an dem Zweck sicherzustellen, dass die zu erbringenden öffentlichen Leistungen im Hinblick auf die Erreichung gemeinsamer Ziele ausgeführt werden (vgl. von Engelhardt/Kaelble, in Müller-Wrede, GWB Vergaberecht Kommentar, § 108 Rn. 78). Die Voraussetzungen des § 108 Abs. 6 Nr. 1 GWB liegen nicht vor.

35. Nähme man entgegen der Auffassung der Vergabekammer an, in materieller Hinsicht habe das Vergabeverfahren bereits vor dem 18.04.2016 begonnen, wäre nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 13.06.2013, C-386/11, Piepenbrock; Urteil vom 19.12.2012, C-159/11, Lecce; Urteil vom 09.06.2009, C480/06, Stadtreinigung Hamburg) wohl ebenfalls eine vergaberechtsfreie interkommunale Zusammenarbeit zu verneinen, weil sich die Zusammenarbeit der öffentlichen Einrichtungen nicht auf die Wahrnehmung einer allen obliegenden Gemeinwohlaufgabe bezöge.

36. Auch die Voraussetzungen des § 108 Abs. 6 Nr. 3 GWB liegen nicht vor.

37. Eine vergaberechtsfreie interkommunale Zusammenarbeit setzt nach § 108 Abs. 6 Nr. 3 GWB voraus, dass die öffentlichen Auftraggeber auf dem Markt weniger als 20 % der Tätigkeiten erbringen, die durch die Zusammenarbeit nach § 108 Abs. 6 Nr. 1 GWB erfasst sind.

Zur Bestimmung des prozentualen Anteils nach Absatz 6 Nummer 3 wird der durchschnittliche Gesamtumsatz der letzten drei Jahre vor Vergabe des öffentlichen Auftrags oder ein anderer geeigneter tätigkeitsgestützter Wert herangezogen, § 108 Abs. 7 GWB. Ein geeigneter tätigkeitsgestützter Wert sind zum Beispiel die Kosten, die der juristischen Person oder dem öffentlichen Auftraggeber in dieser Zeit in Bezug auf Liefer-, Bau- und Dienstleistungen entstanden sind. Liegen für die letzten drei Jahre keine Angaben über den Umsatz oder einen geeigneten alternativen tätigkeitsgestützten Wert wie zum Beispiel Kosten vor oder sind sie nicht aussagekräftig, genügt es, wenn der tätigkeitsgestützte Wert insbesondere durch Prognosen über die Geschäftsentwicklung glaubhaft gemacht wird.

Nach der Gesetzesbegründung soll damit sichergestellt werden, dass die öffentlich-öffentliche Zusammenarbeit nicht zu Wettbewerbsverzerrungen gegenüber privaten Unternehmen führt.

38. Entgegen der Auffassung der Beigeladenen kommt es für die Schwelle von maximal 20 % nicht auf den Gesamtumsatz des Bauhofs der Beigeladenen an, sondern gemäß dem eindeutigen Wortlaut des § 108 Abs. 6 Nr. 3 GWB auf diejenigen Tätigkeiten, die von der Kooperation nach § 108 Abs. 6 Nr. 1 GWB erfasst sind (vgl. Portz in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, Kommentar zum GWBVergaberecht, 4. Aufl. 2016, § 108 Rn. 267 f.).

39. Nach der vorgesehenen Vereinbarung soll die Beigeladene im Jahre 2018 die PPK-Fraktion einsammeln, ab dem Jahre 2019 zusätzlich auch den Rest- sowie den Bioabfall in ihrem Stadtgebiet.

Gemäß der Zusammenstellung in der Anlage 5 zur Vereinbarung gehen die Parteien von einer jährlichen Vergütung von 100.899 Euro (netto) für die PPK-Fraktion sowie von jeweils 201.797 Euro (netto) für den Rest- und Bioabfall aus.

Für das Jahr 2018 ergibt sich daher für die Tätigkeiten, die durch die Zusammenarbeit erfasst sind, ein maßgeblicher Wert in Höhe von 100.899 Euro, ab dem Jahr 2019 ein Wert in Höhe von 504.493 Euro.

Für das Jahr 2018 dürfte daher gemäß der 20%-Regelung lediglich eine Tätigkeit auf dem Markt, berechnet nach Maßgabe des § 108 Abs. 7 GWB, in Höhe von 20.179,80 Euro vorliegen, ab dem Jahr 2019 eine Tätigkeit auf dem Markt in Höhe von 100.898,60 Euro.

40. Die Beigeladene hat aber unstreitig und entsprechend den Vorbemerkungen zur Vereinbarung bereits in der Vergangenheit für ihr Stadtgebiet Teile der abfallwirtschaftlichen Aufgaben des Landkreises als Unterbeauftragte des privaten Drittunternehmens erledigt. Diese Tätigkeit dauert gegenwärtig noch an; eine Beendigung der Tätigkeit für den Rest- und Bioabfall ab dem Jahr 2018 ist nicht dargestellt worden.

Nach den von der Beigeladenen mitgeteilten Zahlen hat sie insoweit im Jahr 2015 einen Umsatz von 630.000 Euro erzielt. 2016 beläuft sich der Umsatz auf 630.000,12 Euro. 2017 erzielte sie bisher einen Umsatz in Höhe von 483.332,98 Euro.

Diese Zahlen erscheinen der Kammer plausibel, da sie dem bisherigen Vortrag des Antragsgegners sowie der Beigeladenen entsprechen, wonach die Beigeladene diejenigen Leistungen im Rahmen der Kooperation erbringen solle, die sie bislang für das private Entsorgungsunternehmen als Unterbeauftragte ausgeführt hat.

Der sich aus den mitgeteilten Zahlen ergebende durchschnittliche Umsatz der letzten drei Jahre übersteigt mit 581.111,03 Euro bei weitem den maximalen Wert für das Jahr 2018. Auch der maximale Wert für das Jahr 2019 wäre überschritten.

Die Voraussetzungen des § 108 Abs. 6 Nr. 3 GWB liegen daher nicht vor.

41. Folglich sind die Voraussetzungen einer vergaberechtsfreien interkommunalen Zusammenarbeit nach § 108 Abs. 6 GWB nicht gegeben, so dass keine Bereichsausnahme einschlägig ist. Die Vergabe des Auftrags ist der Anwendung des vierten Teils des GWB nicht entzogen. Mithin ist der Nachprüfungsantrag statthaft.

42. Die Antragstellerin ist antragsbefugt nach § 160 Abs. 2 GWB. Gemäß § 160 Abs. 2 Satz 1 GWB ist ein Unternehmen antragsbefugt, wenn es ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag hat, eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht und einen entstandenen oder drohenden Schaden durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften darlegt. In Fällen, in denen der Auftraggeber zu Unrecht kein Vergabeverfahren durchgeführt hat (unzulässige de-facto-Vergabe) ist die Antragsbefugnis eines Unternehmens, das sich dagegen zur Wehr setzen will, grundsätzlich gegeben (BGH, Beschluss vom 01.02.2005, X ZB 27/04; OLG Frankfurt, Beschluss vom 30.08.2011, 11 Verg 3/11).

43. Hat ein Vergabeverfahren nicht stattgefunden, so besteht das Interesse bei jedem Unternehmen, welches sich am Verfahren hätte beteiligen können. Dazu ist es ausreichend, wenn das Unternehmen zu der in Betracht kommenden Branche gehört und damit generell eingerichtet ist, Aufträge dieser Art auszuführen (Hofmann in: Müller-Wrede, GWB Vergaberecht Kommentar, § 160 Rn. 21; Dicks in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, § 107 GWB Rn. 15). Dies ist bei der Antragstellerin nicht zweifelhaft, die darüber hinaus auch einen Nachprüfungsantrag gestellt hat (vgl. OLG Naumburg, Beschluss vom 17.03.2017, 7 Verg 6/16; Dicks, a.a.O., Rn. 15).

44. Die Antragstellerin hat weiterhin hinreichend dargelegt, dass sie durch die beabsichtigte Vereinbarung mit der Beigeladenen in ihren Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB verletzt würde und ihr ein Schaden zu entstehen droht, da ihr durch den beabsichtigten Vertragsabschluss entgegen § 97 Abs. 1 GWB die Möglichkeit genommen würde, sich in einem ordnungsgemäßen Vergabeverfahren um die Auftragsausführung zu bewerben (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 30.08.2011, 11 Verg 3/11; vgl. auch Summa in: jurisPK-Vergaberecht, 5. Aufl. 2016, § 156 GWB Rn. 50 f.).

45. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners kann ein drohender Schaden nicht mit der Begründung abgelehnt werden, sollte eine interkommunale Zusammenarbeit nicht zulässig sein, käme nur eine Eigenerledigung des Antragsgegners und keine Beauftragung eines privaten Entsorgungsunternehmens in Betracht.

Wegen des verfassungsrechtlichen Gebots, effektiven Rechtsschutz zu gewähren, dürfen an die in § 160 Abs. 2 GWB genannten Voraussetzungen keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden; die Darlegungslast darf insoweit nicht überspannt werden. Dafür, dass der Antragstellerin infolge der Missachtung von § 97 Abs. 1 GWB zumindest ein Schaden zu entstehen droht, genügt, dass der behauptete Vergaberechtsverstoß geeignet ist, die Aussichten auf den Zuschlag zu beeinträchtigen. Das kann im Streitfall nicht zweifelhaft sein, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass bei einem geregelten Vergabeverfahren, das unter für alle Bieter gleichen Bedingungen stattgefunden hätte, die Antragstellerin den Zuschlag hätte erhalten müssen (vgl. BGH, Beschluss vom 01.02.2005, X ZB 27/04; OLG Frankfurt, Beschluss vom 30.08.2011, 11 Verg 3/11; vgl. auch OLG Koblenz, Beschluss vom 03.12.2014, Verg 8/14).

Würde die Unzulässigkeit der Vereinbarung mit der Beigeladenen festgestellt, könnte sich die Antragstellerin an einer neuen Ausschreibung beteiligen. Ob es zu einer neuen Ausschreibung kommt, ist im Rahmen der Schadensdarlegung dagegen unerheblich. Die Entscheidung darüber, ob er im Falle eines erfolgreichen Nachprüfungsverfahrens an seinem Beschaffungsvorhaben festhält, steht grundsätzlich dem Auftraggeber zu. Allein mit der Behauptung, keine erneute Ausschreibung durchführen zu wollen, kann der Auftraggeber die Darlegung eines möglichen Schadens im Nachprüfungsverfahren nicht entkräften, solange eine Ausschreibung jedenfalls theoretisch möglich wäre (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 30.08.2011, 11 Verg 3/11).

Daher kann es für die Antragsbefugnis im anhängigen Nachprüfungsverfahren nicht darauf ankommen, ob der Antragsgegner nach einer Beendigung des Nachprüfungsverfahrens einen fortbestehenden Beschaffungsbedarf hat oder sich dann für eine Eigenerledigung entscheidet. Mit dieser Argumentation könnte sich ein Antragsgegner regelmäßig der Nachprüfung entziehen. Das wäre mit einem effektiven Rechtsschutz nicht vereinbar.

Ob sich die dargestellte Rechtsverletzung bestätigt, ist letztlich keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit des Nachprüfungsantrags (vgl. BGH, Beschluss vom 29.06.2006, X ZB 14/06; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.07.2006, VII-Verg 23/06).

46. Die Voraussetzungen des § 160 Abs. 3 GWB sind ebenfalls erfüllt.

Die Antragstellerin hat mit Schreiben vom 27.06., 28.08. und 22.09.2017 die beabsichtigte Vergabe an die Beigeladene gerügt. Insoweit kann die im Verfahren streitige Frage offen bleiben, ob hier die Antragstellerin wegen der drohenden De-facto-Vergabe überhaupt einer Rügeobliegenheit unterlag (vgl. bejahend Summa in: jurisPK-Vergaberecht, 5. Aufl. 2016, § 160 GWB Rn. 182).

Präklusionsvorschriften kommen nicht in Betracht. Es ist nicht dargelegt worden, dass die Antragstellerin ggf. zu spät im Sinne des § 160 Abs. 3 Nr. 1 GWB gerügt hätte. Mangels Bekanntmachung oder Vergabeunterlagen bzw. mangels Vergabeverfahren mit Termin zur Angebotseinreichung konnte sie nicht zu einem spätesten Zeitpunkt im Sinne des § 160 Abs. 3 Nr. 2 oder 3 GWB rügen.

Die von § 160 Abs. 3 Nr. 4 GWB normierte Frist zur Stellung eines Nachprüfungsantrags nach Eingang eines eine Rüge zurückweisenden Schreibens des Auftraggebers ist schließlich eine Rechtsbehelfsfrist. Sie beginnt nur zu laufen, wenn der öffentliche Auftraggeber in der Vergabebekanntmachung darauf explizit hingewiesen hat (OLG Celle, Beschluss vom 04.03.2010, 13 Verg 1/10; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.12.2009, VII-Verg 37/09; Hofmann in: Müller-Wrede, GWB Vergaberecht Kommentar, § 160 Rn. 91; Summa in: jurisPK-Vergaberecht, 5. Aufl. 2016, § 160 GWB Rn. 200 ff.). Da dies im vorliegenden Fall nicht erfolgt ist, scheidet auch eine Präklusion nach § 160 Abs. 3 Nr. 4 GWB aus.

Der Nachprüfungsantrag ist daher zulässig.

47. Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet.

48. Nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB ist ein öffentlicher Auftrag von Anfang an unwirksam, wenn der öffentliche Auftraggeber den Auftrag ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union vergeben hat, ohne dass dies aufgrund Gesetzes gestattet ist und dieser Verstoß im Nachprüfungsverfahren festgestellt wurde.

Ein förmliches Vergabeverfahren nach dem 4. Teil des GWB hat nicht stattgefunden. Dementsprechend hat der Antragsgegner eine Bekanntmachung unstreitig nicht veröffentlicht.

Eine gesetzliche Gestattung hierzu ergibt sich wie dargestellt nicht aus § 108 Abs. 6 GWB. Andere Rechtsgründe, die eine Direktvergabe an die Beigeladene ohne vorherige Bekanntmachung im Amtsblatt der europäischen Union gestatten würden, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

49. Da ausweislich des Kreistagsbeschlusses vom 04.09.2017 der Antragsgegner den ausverhandelten Vertrag mit der Beigeladenen gleichwohl abzuschließen gedenkt, ist ihm hier gem. § 168 Abs. 1 GWB zu untersagen, den vorgesehenen Öffentlich-rechtlichen Vertrag über die Zusammenarbeit zur Wahrnehmung kreislaufwirtschaftlicher Aufgaben im Gebiet der Stadt ### an die Beigeladene zu vergeben (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 03.12.2014, Verg 8/14). Nur so kann die durch den Vertragsschluss drohende Verletzung der Antragstellerin in ihren Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB, zu denen als Grundregel auch die in § 97 Abs. 1 GWB normierte Ausschreibungspflicht gehört, verhindert werden (vgl. BGH, Beschluss vom 01.02.2005, X ZB 27/04; vgl. auch Summa in: jurisPKVergaberecht, 5. Aufl. 2016, § 156 GWB Rn. 50 f.).

Es ist dem Antragsgegner ferner zu untersagen, die in dem Vertrag umschriebenen Dienstleistungen ohne förmliches Vergabeverfahren nach dem 4. Teil des GWB an eine natürliche oder von ihm personenverschiedene, nicht unter § 108 Abs. 1 – 7 GWB fallende juristische Person zu vergeben. Insoweit kann dem Antragsgegner entgegen dem Antrag der Antragstellerin nicht verwehrt werden, zukünftig eine interkommunale Zusammenarbeit unter Beachtung der Voraussetzungen des § 108 Abs. 6 GWB einzugehen.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 182 Abs. 3 Satz 1 und 2, Abs. 4 Satz 1, GWB.

Danach haben der Antragsgegner und die Beigeladene, die sich aktiv am Verfahren beteiligt hat, als unterliegende Verfahrensbeteiligte nach § 182 Abs. 3 Satz 1 GWB die Kosten des Verfahrens gesamtschuldnerisch sowie nach § 182 Abs. 4 Satz 1 GWB die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners jeweils zur Hälfte zu tragen. Die Abweichung in Ziffer 3 des Tenors vom Antrag der Antragstellerin ist wegen ihres grundsätzlichen Obsiegens im Nachprüfungsverfahren für die Kostenentscheidung ohne Bedeutung.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten auf Seiten der Antragstellerin war notwendig. Streitgegenständlich waren schwierige rechtliche Fragestellungen (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 03.12.2014, Verg 8/03). Es kann von einem Bieter nicht erwartet werden, sich mit solchen Rechtsfragen auszukennen und in der Lage zu sein, die eigene Rechtsposition im Nachprüfungsverfahren zu vertreten.

IV.
Rechtsbehelfsbelehrung

(…)